Airline filzt private PCs von Mitarbeitern

Northwest Airlines filzt mit richterlicher Genehmigung die privaten PCs von Angestellten.

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Von
  • Hans-Peter Schüler

Northwest Airlines filzt mit richterlicher Genehmigung die privaten PCs von Angestellten. Die Fluggesellschaft sucht so nach Beweisen für die Vermutung, eine Reihe von Flugbegleitern habe sich per Email zu einem Sick-Out über Neujahr abgesprochen -- einer geheimen Übereinkunft, gemeinsam aus Protest blau zu machen.

Das Unternehmen hatte die Flugbegleiter-Gewerkschaft Teamster Local 2000 und einige ihrer Mitglieder letzten Monat wegen Verstosses gegen US-Arbeitsrecht verklagt. Der Richter des zuständigen Bundesgerichts in Minneapolis gab der Airline Recht, untersagte der Gewerkschaft vorübergehend die Unterstützung von Arbeitsunterbrechungen und autorisierte die Airline zu den Durchsuchungen.

Die Fluggesellschaft verfolgt mit der Klage eine neue Strategie in einem Arbeitskampf, der sie bislang zur Absage hunderter Flüge gezwungen hat. Aus Verärgerung über die langsamen Fortschritte bei Tarifverhandlungen ist es seit November 1998 zu Arbeitsverlangsamungen bei der Airline gekommen. Angestellte propagieren diesen Bummelstreik über Web-Seiten und Messageboards, während Gewerschaftsvertreter die Autorisierung des Streiks bestreiten und nicht einmal Kenntnis darüber haben wollen.

Nach Auffassung der Fluggesellschaft gehört es zu jeder normalen Beweisaufnahme, Dokumente ausfindig zu machen. Das bedeute auch, in Computern zu suchen, weil heutzutage viele Mitteilungen nur noch elektronisch stattfänden. Dennoch hat das Unternehmen die Suche auf Grund eines vorläufigen Abkommens mit den Anwälten der Gewerkschaft zunächst einmal auf Eis gelegt. Ausgenommen von diesem Moratorium sind allerdings die Northwest-Mitarbeiter Griffin und Reeves, die nicht von den Gewerkschaftsanwälten vertreten werden. Diese beiden Flugbegleiter benutzen zwar wie die meisten ihrer Kollegen bei der Arbeit keine Computer, betreiben aber in ihrer Freizeit Messageboards, in denen anonyme Aufrufe zu dem Sick-Out erschienen sind.

Northwest Airlines hat daraufhin zwei Experten zur Beweissicherung auf Computern beauftragt, bei Griffin und Reeves Festplatteninhalte zu kopieren und zu durchsuchen. Die richterliche Erlaubnis dazu beschränkt sich auf Aktivitäten zu dem Sick-Out und auf Email mit 43 namentlich genannten Personen. Beiträge auf den betroffenen Messageboards, die in der Vergangenheit weder das Unternehmen noch die Gewerkschaftsleitung vor Kritik verschont haben, sind seit den Durchsuchungen drastisch zurückgegangen.

Rechtsexperten nehmen zu dem Verfahren unterschiedliche Standpunkte ein: John Roberts, Rechtsanwalt in Minneapolis, meint: "Geschäftsrede genießt nicht den gleichen Schutz wie politische Rede. Man darf über ein Unternehmen nicht alles sagen, was man will." Sein Kollege Marshall Tanick sieht das ganz anders, dieses Urteil sei "wirklich eine Erweiterung etablierter Gesetze". Er fragt sich: "Was ist daran anders, als wenn man das Telefon von jemand anders abhört?"

US-Rechtssprechung der jüngeren Vergangenheit gibt Arbeitgebern das Recht, die Online-Aktivitäten ihrer Angestellten bei der Arbeit zu überwachen. Das Recht, private Computer zu durchsuchen, haben Firmen aber bislang nur selten beansprucht, etwa bei Verdacht auf Industriespionage oder Diebstahl von Firmeneigentum. (hps)