Al-Dschasira-Reporterin twittert (noch) aus Urumqi

China blockiert das Internet, um die Informationskontrolle über die Vorgänge in der Provinz Xinjiang zu behalten, wo die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Uiguren und Han-Chinesen weiter gehen.

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Von
  • Florian Rötzer

Auch heute gehen die Unruhen in Urumqi, der Hauptstadt der Ressourcen reichen Provinz Xinjiang im Nordwesten Chinas, weiter. Die Rede ist von den "tödlichsten Unruhen seit 1949", bei denen am Sonntag 156 Menschen getötet und 1000 verletzt worden seien. Insgesamt 1434 Personen wurden festgenommen. Heute gingen, wie Xinhua berichtet, mehrere Tausend Han-Chinesen mit Messern und Stöcken auf die Straßen, schmissen Scheiben von uigurischen Geschäften ein und bedrohten Uiguren. Es sollen aber auch weitere Angriffe von Uiguren auf Chinesen erfolgt sein. Die Regierung und die Polizei versucht, weitere Gewalttätigkeiten zwischen den ethnischen Gruppen zu verhindern.

Nach den staatlichen Medien sind bei den Ausschreitungen am Sonntag vorwiegend Han-Chinesen getötet und verletzt worden. In der boomenden 2-Millionen-Stadt Urumqi leben hauptsächlich Han-Chinesen, die Uiguren leben in slumartigen Vorgebieten oder außerhalb des Zentrums. Profitieren von dem dank der Bodenschätze seit Jahren herrschenden Wirtschaftsboom konnten vor allem die Han-Chinesen.

In China wurde der Zugang zu den Online-Ausgaben der Zeitungen im Inland, aber anscheinend auch vom Ausland blockiert, die wie die Xinjiang Daily in der Provinz Xinjiang erscheinen. Überdies wurde das Internet in Teilen von Urumqi abgeschaltet, berichten staatliche Medien, um die Unruhen zu unterdrücken und deren weitere Verbreitung zu verhindern. So gibt es auch keine öffentliche Diskussion über die Vorgänge im Internet. Die Journalistin Josie Liu schreibt in ihrem Blog, dass Baidu.com, die größte chinesische Suchmaschine, die Webforen für Xinjiang and Urumqi vorübergehend aufgrund "entsprechender Gesetze und Regulierungen" geschlossen habe. Die Nutzer würden die Sperren aber hier und auf anderen Websites umgehen und aktuelle Kommentare zu den Vorfällen in der Provinz an alte Threads anhängen. Allerdings würden auch hier die Zensoren schnell zuschlagen und die Einträge wieder löschen. Sie würden aber meist von Menschen außerhalb der Provinz stammen, also keine Informationen aus der Provinz oder der Hauptstadt mitteilen.

Melissa K. Chan von al-Dschasira berichtet aus Urumqi ĂĽber Twitter, dass es fĂĽr die Journalisten, die vom chinesischen AuĂźenministerium zu einem Besuch in "eingebetteter" Form eingeladen wurden, nur einen Raum in einem Hotel gab, in dem sie das Internet benutzen konnten. Im Pressezentrum gab es weder Internet noch Telefon. Sie schicke SMS an einen Freund in Peking, der dann ihre Texte twittert.

Sie berichtet von protestierenden uigurischen Frauen, die die Freilassung ihrer eingesperrten Familienanghehörigen verlangten, und von einigen Steine werfenden Männern. Während die Journalisten in die Busse zurückgedrängt wurden, seien die Polizisten mit Rottweiler-Hunden und gezogenen Schlagstöcken gegen die Protestierenden vorgegangen, hätten es aber erfolgreich geschafft, keine weiteren Gewalttätigkeiten entstehen zu lassen. Angeblich würde es Proteste an mehreren Orten in Urumqi geben. Einige hundert Han-Chinesen, so berichtet auch sie, würden die Straße entlang in Richtung eines uigurischen Wohnviertels marschieren, ausgerüstet mit Stöcken und Messern, die Nationalhymne singend. Polizeiketten versuchen, sie davon abzuhalten.

Jetzt gebe es "kein Richtig und Falsch mehr", sondern nur noch uigurische und Han-chinensische "Verteidiger". Ein Chinese habe ihren Fahrer im Auto mit einem Stock angegriffen. Für heute Abend wurde über der Stadt ein Ausgehverbot verhängt. Auch die BBC berichtet von hunderten Han-Chinesen, die Scheiben von uigurischen Geschäften einschmissen und Uiguren angriffen. Die Polizei versucht, die aufgebrachten Gruppen zu trennen.

Mehr zur Situation in Xinjiang bringt Telepolis:

(fr)