Alle Galaxy-Smartphones betroffen: Samsung verliert Patentklage Update

(Bild: c't)
Die chinesische Firma Datang hat in erster Instanz vollumfÀnglich gegen Samsung gewonnen. Es droht ein Verkaufsstopp; Samsung geht aber dagegen vor
Das Landgericht MĂŒnchen I hat in einer Patentklage erstinstanzlich gegen Samsung geurteilt (Aktenzeichen 21 O 16085/22). Demnach verletzt Samsung ein Patent des chinesischen KlĂ€gers Datang Mobile, das fĂŒr den Mobilfunkstandard 4G / LTE als essenziell gilt. Es geht um den nationalen deutschen Teil des europĂ€ischen Patents EP2237607 [1] und um die anhaltende Diskussion, wie faire, nicht diskriminierende Patentlizenzbedingungen aussehen (Fair, Reasonable and Non-Discriminatory, FRAND).
EP2237607 beschreibt ein ZellĂŒbergabeverfahren in LTE/4G-Funknetzen per Time-Division-Duplex-Technik [2]. Dabei funken Sender und EmpfĂ€nger, also 4G-Masten und Smartphones, abwechselnd im gleichen Frequenzbereich, wobei eine nahtlose Ăbergabe zwischen Zellen stattfindet. So bleibt beim Gehen oder Fahren eine konstante Mobilfunkverbindung bestehen.
Seit dem 20. August 2021 ist Datang Inhaber des deutschen Patentteils. Damals gingen die Rechte von der China Academy of Telecommuncations Technology auf Datang ĂŒber â Datang wurde 1998 aus der UniversitĂ€t heraus gegrĂŒndet. Die Firma gehört zur staatlichen China Information and Communication Technology Group. Datang entwickelt aktiv Funktechnik und Produkte, ist also kein reiner sogenannter Patenttroll, der von Patentklagen lebt.
Urteil nur vorlÀufig vollstreckbar
heise online liegt eine redigierte Version des Urteils vom 12. April 2024 vor, wonach Datang in erster Instanz vollumfĂ€nglich gewonnen hat. Das Landgericht MĂŒnchen I sieht eine festzusetzende EntschĂ€digungszahlung fĂŒr alle 4G-fĂ€higen Smartphones vor, die Samsung seit dem 21. August 2021 in Deutschland verkauft hat. AuĂerdem sollen alle im Handel befindlichen Modelle zerstört werden â praktisch betrĂ€fe das jedes Galaxy-Smartphone, da lĂ€ngst alle GerĂ€te per 4G funken.
Das Urteil ist bisher allerdings nicht rechtskrĂ€ftig. Datang könnte es nur gegen eine Sicherheitsleistung von mehr als 2,5 Millionen Euro vorlĂ€ufig vollstrecken lassen â das ist bisher nicht geschehen.
Samsungs Seite
Auf Anfrage schrieb Samsung:
"Samsung wird das Gerichtsurteil grĂŒndlich prĂŒfen und geeignete rechtliche Schritte, einschlieĂlich einer möglichen Berufung, festlegen. Wir planen MaĂnahmen unter Beachtung des Gerichtsurteils, die sicherstellen, dass unsere Kunden und deren Nutzungserlebnis von dem Urteil nicht beeintrĂ€chtigt werden."
Schaut man sich andere Patentstreitigkeiten an, erscheint eine Berufung wahrscheinlich. Das Landgericht MĂŒnchen I gilt in Patentrechtsfragen als klĂ€gerfreundlich, entscheidet also hĂ€ufiger als andere Gerichte zugunsten der Patentinhaber.
Eine Widerklage seitens Samsungs wurde derweil abgelehnt. Darin argumentierte der Hersteller offenbar, dass eine Ăbertragung des Patentrechts zunĂ€chst gar nicht bekannt war. Zudem soll Datang kein ausbeutungs- und diskriminierungsfreies (=FRAND) Lizenzangebot unterbreitet haben.
Das Gericht erklĂ€rte zur BegrĂŒndung:
"Die Beklagte [Anm. d. Red.: Samsung] kann den behaupteten Erwerb nicht mit bloĂem Nichtwissen bestreiten, sondern muss substantiierte GrĂŒnde aufzeigen, dass die PatentĂŒbertragung nicht erfolgt ist und der Registerinhalt damit unzutreffend ist. [âŠ] Dies hat die Beklagte nicht dargetan."
[âŠ]
"Es ist nicht hinreichend bestimmt oder bestimmbar, was ein 'ausbeutungs- und diskriminierungsfreies (=FRAND) Lizenzangebot' ist, welches die Beklagte und WiderklÀgerin [Samsung] von der KlÀgerin und Widerbeklagten [Datang] begehrt."
[âŠ]
"Im vorliegenden Verfahren ist gerade zwischen den Parteien hoch umstritten, was FRAND ist. Der Streit, ob ein Angebot FRAND ist oder nicht, kann und darf dabei nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden."
Parallel hat Samsung eine Nichtigkeitsklage eingeleitet, um gegen das zugrundeliegende Patent vorzugehen. Eine Aussetzung des Patentstreits bis zur KlĂ€rung der Nichtigkeitsklage lehnte das Landgericht MĂŒnchen I ebenfalls ab.
FĂŒr Kunden dĂŒrfte der Rechtsstreit unmittelbar keine Auswirkungen haben. Bis zu einer Neuverhandlung in nĂ€chster Instanz wĂŒrden Monate vergehen.
Samsungs Stellungnahme im FlieĂtext ergĂ€nzt.
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[2] https://www.heise.de/news/LTE-Weiterentwicklung-FDD-und-TDD-Spektrumbuendelung-fuer-260-MBit-s-2418685.html
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