Alphas im Test und Fortschritt bei Fake-Fotos – die Fotonews der Woche 47/2023

Die neuen Sonys haben unser Testlabor durchlaufen, die Ergebnisse sind gemischt. Und mit AP tritt eine erste Bildagentur ernsthaft gegen gefälschte Bilder an.

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Auto und Zug fahren im Video, aus dem dieses Bild stammt. Die Clips wurden per KI aus einem einzelnen Foto erstellt.

(Bild: Stability AI)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Nico Ernst
Inhaltsverzeichnis

Seit es diese Kolumne gibt, berichten wir immer wieder über die kleinen Fortschritte, die Adobes Projekt CAI oder, nach der Technik benannt, C2PA macht. Und jetzt kommt endlich richtig Schwung in die Sache. Das könnte bei der Bekämpfung von mittels KI gefälschten Pressefotos wirklich helfen.

Als erste große globale Bildagentur hat Associated Press (AP) Tests von CAI mit Sony-Kameras erfolgreich abgeschlossen. Das Unternehmen, das seit 2020 exklusiv mit Alphas arbeitet, hat dafür seine Fotojournalisten bei der täglichen Arbeit auch mit CAI arbeiten lassen. Wie vielfach beschrieben, steckt dahinter ein Echtheitssiegel, das kryptografische Daten schon bei der Aufnahme in die Bilddaten einbettet. Wann, wo, von wem ein Foto gemacht wurde, lässt sich so bis zur Veröffentlichung durch alle Bearbeitungsschritte speichern. Auch der originale Bildausschnitt kann, wenn alle Funktionen von CAI genutzt werden, später eingesehen werden.

Und das ist der Knackpunkt: Wann die Pressefotos der AP sich auch auf journalistischen Webseiten oder in Social Media von den Nutzenden auf Echtheit prüfen lassen, steht noch nicht fest. Erst bei einer solchen lückenlosen Kette vom Fotografen bis zur Veröffentlichung können Initiativen wie CAI wirklich neues Vertrauen in Pressefotos bringen. Immerhin zeigt der Test der AP aber, dass das System funktioniert und die Unternehmen, die es wie Sony in Hard- und Software gießen müssen, auch ernsthaft daran arbeiten.

Ebenso steht fest, dass es nicht wie bei der Leica M11-P neue Geräte braucht. Im Frühling 2024 will Sony Firmware-Updates für einige Alphas mit CAI-Funktionen bringen. Laut Petapixel gilt das zumindest für Alpha 1, A7 SIII und die kommende A9 III. Zu weiteren Modellen gibt es noch keine Angaben, ebenso nicht, ob die Updates kostenlos oder beispielsweise an Abos oder Accounts gebunden sind. Dass Sony überhaupt Updates plant, hatten wir bereits berichtet.

Dass nicht nur verfälschte, sondern gleich ganz gefälschte, vermeintliche Pressefotos ein Problem sind, hat in dieser Woche auch der deutsche Fotorat mit dem ganz dicken Filzstift unterstrichen. In einer Stellungnahme zum Umgang mit KI-Bildern in Berichterstattung heißt es völlig unmissverständlich: "Journalistisch arbeitende Medien müssen sich klare Richtlinien geben, die den Einsatz von KI-Bildern in irgendeinem Zusammenhang mit der Berichterstattung über Ereignisse des Tagesgeschehens prinzipiell ausschließen." Verkürzen wir das mal: Macht es einfach nicht. Lasst es sein.

Anlass für die klaren Worte ist die Tatsache, dass im Dienst Adobe Stock immer noch KI-Fakes verkauft werden, welche den aktuellen Konflikt im Gazastreifen darstellen sollen. Selbst wenn, wie die Nutzungsbedingungen von Adobe vorschreiben, mit irgendeinem kleinen Vermerk wie "Quelle: KI" darauf hingewiesen wird: Spätestens beim Teilen der Artikel mit einem solchen Aufmacherbild ist dieser Vermerk weg. Die Plattform X, früher Twitter genannt, zeigt beim Teilen von Presseartikeln seit einigen Wochen gleich gar keinen Text mehr an, nur noch das Bild und klein den Hinweis auf die URL der Webseite. Das will der Dienst jetzt wieder ändern.

Bilder wirken beim Durchwischen der Timeline schlicht stärker als Text, Plattformen wie Instagram und TikTok sind genau deswegen so, wie sie sind. Und weil das so ist, wird die klare Kennzeichnung von KI-Fakes immer wichtiger. Und, siehe AP, Sony und CAI, auch die nachprüfbare Authentizität von tatsächlichen Pressefotos. Das ist keine fantasievolle Dystopie – auch reichweitenstarke deutsche Medien haben schon die von der Maschine erfundenen Bilder zur Illustration von brisantem politischem Tagesgeschehen verwendet.

Und nach Bild kommt bekanntlich Bewegtbild. Stable Diffusion hat jetzt experimentelle Versionen von "Stable Video Diffusion" (SVD) vorgestellt. Dafür muss man sich zwar auf eine Warteliste setzen lassen, die Leistungsfähigkeit der Demos ist aber jetzt schon beeindruckend: Aus einem einzelnen Bild wird ein kurzes Video. Um doch ein bisschen dystopisch zu werden: Aus einem echten Pressebild einer Person lässt sich damit wohl eine Aktion erstellen, welche der Mensch gar nicht durchgeführt hat. Wohl deswegen kann SVD derzeit nicht über Text gesteuert werden, es erstellt nur Kamerafahrten und animiert Objekte, beispielsweise einen Zug.

Von dem gibt es ein Foto, im Video fährt er dann. Das erscheint vielleicht trivial, aber wie schon bei KI-generiertem Standbild muss man sich vergegenwärtigen, was hier passiert: Das maschinelle Lernen erkennt die Situation, das Objekt, die Umgebung und vor allem den Zusammenhang. Nur so ist eine realitätsnahe Animation eines Alltagsgegenstandes möglich. Zudem, und das ist auch anders als die bisherigen Bild- und Videogeneratoren: Es reicht tatsächlich ein Bild, mehrere sind nicht nötig.

Richtig echte Bilder machen auf jeden Fall die beiden Nachfolger von Sonys Alpha 7C. Sowohl die Alpha 7C II als auch die Alpha 7C R haben unser Testlabor und die praktischen Prüfungen durchlaufen. Wie wichtig solches tatsächliches Arbeiten mit Kameras ist, zeigt in beiden Fällen das Fazit: Die 7C R nutzt ihre 61 Megapixel nur bei geringen ISO-Werten aus, bietet – jedenfalls bis jetzt – kein 8K-Video und kaum professionelle Funktionen in der Handhabung. Zwar lassen sich damit schon sehr gute Fotos machen, aber angesichts des Preises von rund 3.700 Euro für den Body muss man die hohe Auflösung alleine wirklich wollen.

Auch die 7C II ist mit rund 2.400 Euro für 33 Megapixel kein Schnäppchen, das liegt für ambitionierte Amateure aber wohl noch in Reichweite. Auch die hätten aber sicher gerne einen zweiten Slot für Speicherkarten oder einen größeren Sucher. Zwar ist auch sie, die ganze C-Serie, recht kompakt, dennoch: Die APS-C-Modelle von Sony sind noch handlicher. Aber vielleicht auch nicht das Mittel der Wahl, wenn es um intuitives Bedienen geht. Gerade bei solchen Mittelwegen wie den C-Alphas gilt es, die Kamera vor dem Kauf auch einmal angefasst zu haben. Es hat schon seinen Grund, warum bei neuen Bodies und auch Objektiven für das Profilager immer mehr Knöpfe und Rädchen hinzukommen.

Wie in der vergangenen Woche berichtet, will auch Sigma mit seinem neuen 70-200mm-Tele mit f/2.8 verstärkt Profis ansprechen. Warum nicht nur hier, sondern auch sonst in der Branche, neue Optiken immer teurer werden, zeigte das Unternehmen nun dem YouTube-Kanal Process X. Der besuchte das Sigma-Werk in der Präfektur Fukushima und filmte viele einzelne Schritte der Herstellung. Zwar gibt es kein komplettes "Making-Of" vom Gießen der Linsen bis zur Verpackung, auffällig ist dennoch, wie viel Handarbeit trotz aller Hightech-Maschinen noch nötig ist. Oder hätten sie gedacht, dass manche Beschriftungen von Hand gemalt werden? Ohne Schablone? Daher ist das Video unsere Empfehlung für einen Long Watch zum Wochenende.

(nie)