Altersbericht Digitalisierung: Mehr Senioren ans Netz

Der vergleichsweise große Anteil älterer Menschen ohne Zugang zum Internet ist nach Ansicht einer Expertenkommission "nicht zu tolerieren".

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Altersbericht Digitalisierung: Mehr Senioren ans Netz

(Bild: StockLite/Shutterstock.com)

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Bundesfamilienministerin Franziska Giffey hat dem Bundeskabinett am Mittwoch den Achten Altersbericht vorgelegt. Unter älteren Menschen sei ein deutlich größerer Anteil von der Teilhabe und den Möglichkeiten digitaler Technologien ausgeschlossen als in anderen Altersgruppen, mahnt die Expertenkommission in ihrem Bericht. "Die Digitalisierung birgt gerade auch für ältere Menschen ein riesiges Potenzial, das wir noch viel stärker ausschöpfen müssen", sagte Giffey.

Die zehnköpfige Kommission unter der Leitung des Heidelberger Gerontologen Andreas Kruse stellt fest, dass Menschen ab Mitte 70 wesentlich seltener online seien als jüngere. In der Phase rund um den Ruhestand sei die Quote mit Zugang zum Internet mit mittlerweile über 80 Prozent noch deutlich höher. Allerdings zeigten sich auch Unterschiede. Senioren mit niedrigem und mittlerem Bildungsstand nutzten digitale Technik deutlich seltener beziehungsweise weniger kompetent als solche mit Abitur oder Hochschulabschluss. Damit das besser wird, müssten zunächst überhaupt die Grundlagen geschaffen werden, beklagen die Sachverständigen die anhaltende, in Statistiken immer wieder belegte "digitale Spaltung".

Diese Form der digitalen Kluft ist nach Ansicht der Kommission nicht tolerierbar. "Allzu oft werden ältere Menschen als diejenigen dargestellt, die mit technischen Entwicklungen nicht mithalten können, die technische Neuerungen ablehnen und lediglich passiv und nachfolgend auf solche Entwicklungen reagieren", schreiben die Forscher. Man habe dagegen ein Leitbild gewählt, bei dem Senioren "prinzipiell in der Lage sind, in der digitalen Welt kompetent und selbstbestimmt zu agieren". Wer sich die dazu nötigen digitalen Fähigkeiten nicht selbst aneignen könne, "sollte die passende Unterstützung und Beratung bekommen". Alle müssten befähigt werden, "in der digitalen Welt souverän zu agieren".

Ungleichheiten beim Zugang zu digitalen Technologien erfordern laut dem Bericht flächendeckende, passgenaue und qualitätsgesicherte Angebote. Das Umfeld älterer Menschen spiele dabei eine entscheidende Rolle. Neben Bezugspersonen im privaten und familiären Bereich seien hier vor allem Kräfte in sozialen Berufen, gesundheitlicher Versorgung, Technik, Handwerk und der Wohnungswirtschaft gefordert. Die Bedeutung der Digitalisierung für das Leben von Senioren müsse in den Ausbildungsordnungen stärker berücksichtigt werden.

Vor allem die Daseinsvorsorge müsse auch digital befördert werden, verlangen die Wissenschaftler. Mit zunehmendem Alter könnten auch alltägliche Dinge schwerfallen. Technische Assistenzsysteme oder Smart-Home-Technologien seien in der Lage, Abhilfe zu schaffen. Elektronische Patientenakten, Online-Kontaktpflege, virtuelle Amtsbesuche oder Einkäufe übers Netz seien nur einige Beispiele. Doch dafür muss die digitale Infrastruktur verbessert werden. Dazu gehörten laut Kommission der Netzausbau besonders in ländlichen Gebieten sowie "die kostenfreie Bereitstellung von Internetzugängen im öffentlichen Raum". Ministerin Giffey monierte, dass "längst nicht alle stationären Pflegeeinrichtungen WLAN" für ihre Bewohner böten.

Die Experten werfen aber auch ethische Fragen auf. Sie sehen alle beteiligten Akteure gefordert, bei der Entwicklung und beim Einsatz von digitalen Technologien Chancen und Risiken abzuwägen. Dies müsse geschehen, bevor darauf basierenden Anwendungen wie etwa auch Künstliche Intelligenz oder Assistenzroboter "im Lebens- und Pflegealltag eingesetzt werden". Die Sachverständigen empfehlen der Bundesregierung, eine dauerhafte Begleitforschung und Kontrolle mit Blick auf Digitalisierung und das Leben im Alter einzurichten.

(vbr)