Amazon vs. eBay: Online-Flaggschiffe auf Kollisionskurs
Zwei Flaggschiffe des Internet-Handels repräsentieren die Trends des Online-Geschäfts, und sie werden zunehmend zu erbitterten Gegnern.
Gewinne sind selten im Internet-Geschäft, Verlustmeldungen bleiben die Norm. Zwei Flaggschiffe des Internet-Handels repräsentieren diese Trends, und sie werden zunehmend zu erbitterten Gegnern, die einander die Kunden weglocken wollen. Auf der einen Seite steht eBay. Der Online-Auktionator kann nicht nur ständige Umsatzsteigerungen melden. Im Jahr 2000 blieben auch 58,6 Millionen US-Dollar als Profit übrig. Auf der anderen Seite steht der größte und immer weiter wachsende Online-Händler Amazon, der jedoch immer noch rote Zahlen schreibt.
Eine positivere Jahresschlussbilanz ist nun das große Ziel, das betont Amazon-Chef Jeff Bezos immer wieder. Eine Methode auf dem Weg zu Gewinnen sind strategische Allianzen wie die jetzt angekündigte verstärkte Zusammenarbeit mit America Online, dem weltgrößten Internet-Service des Medienkonzerns AOL Time Warner. Und eBay geht dafür eine Allianz mit Microsoft ein und will die .NET-Strategie der Redmonder umsetzen: Hinter dem Aufeinandertreffen der Online-Händler steht inzwischen möglicherweise auch der Kampf der Giganten AOL und Microsoft um die Vorherrrschaft im Internet.
Die beiden Flaggschiffe der Internet-Ökonomie ähneln sich in ihren Methoden inzwischen. Amazon setzt mittlerweile verstärkt auf alternative Verkaufsmethoden, die schon eBay zum Erfolg verhalfen. Aber auch die Konkurrenz schaut über den Zaun. Verkehrte Welt: Während Amazon Auktionen anbietet, gibt es bei eBay immer öfter feste Preise.
Das Auktionshaus präsentiert im Internet eine Infrastruktur, in der angemeldete Teilnehmer ihre Waren zur Versteigerung anbieten und die Waren nach dem Ende der Auktion an den Meistbietenden verschicken. Damit entfallen für eBay Lager- und Transportkosten, gleichzeitig kassiert das Unternehmen einen Anteil des Verkaufspreises. Eine ähnliche Vermittlerrolle spielt Amazon nun ebenfalls. Neuerdings werden Bücher, CDs oder auch Computer von Privatleuten oder kleinen Händlern auf der Amazon-Website versteigert. Bei diesen Auktionen vermittelt Amazon nach dem Vorbild eBay zwischen Anbietern und Interessenten und kassiert Prozente. Die Versendung des verkauften Artikels organisieren Käufer und Verkäufer auch bei Amazon unter sich. Das neue Auktionshaus floriert, über 700.000 Kunden nutzten nach Firmenangaben das Angebot bereits.
Bei eBay hat man unterdessen erkannt, dass einige Kunden feste Preise attraktiver finden als die zeitraubende Teilnahme an einer Auktion, die schließlich noch nicht einmal die Ersteigerung des gewünschten Artikels garantiert. Unter dem eBay-Dach residiert deshalb die Sparte Half.com, wo gebrauchte Bücher und CDs zum garantierten Billigpreis verhökert werden. Als neueste Verkaufsvariante führte eBay außerdem das virtuelle Ladenviertel eBayStores ein, wo Einzelpersonen ebenso Handel treiben können wie etablierte Firmen.
Die Parallele zu eBayStores heißt bei Amazon zShops. Unter diesem Namen bietet der Online-Händler schon seit 1999 einzelnen Kleingeschäften eine digitale Heimat. Die Online-Einkaufszone ist perfekt vernetzt: Bei der Eingabe von Suchbegriffen erscheinen in der Ergebnistabelle neben den Artikeln aus Amazons Warenlager auch ähnliche oder gebrauchte Artikel aus dem Sortiment der angeschlossenen Amazon-Partner.
Beim Kampf um die Kundschaft gleichen sich die Geschäftsmodelle von eBay und Amazon immer weiter an. Und damit steht möglicherweise schon in der nächsten Weihnachtssaison eine Entscheidungsschlacht der Online-Handelsgiganten bevor, sagt der Analyst Jeetil Patel von der führenden US-Investmentbank Deutsche Banc Alex. Brown. Zwei ganz große Unternehmen sind noch übrig geblieben, und sie knöpfen sich nun den gleichen Markt vor, meint Patel. (Tilman Streif, dpa) / (jk)