Amazons Marktplatz: EU-Kommission sieht wettbewerbswidriges Verhalten

Auf Amazons Marktplatz können unabhängige Händler Produkte verkaufen. Die EU-Kommission hat Hinweise, dass Amazon deren Daten illegal ausnutzt.

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(Bild: Hadrian/Shutterstock.com)

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Die EU-Kommission meint, dass Amazon seine marktbeherrschende Stellung im Onlinehandel missbraucht und nicht-öffentliche Daten von Händlern auf dem hauseigenen Marktplatz systematisch für das eigene Geschäft nutzt. Das teilte die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager am Dienstag mit.

Sie nimmt damit den nächsten formalen Schritt nach der Eröffnung des Kartellverfahrens im Juli 2019. Gleichzeitig leitet sie ein weiteres Kartellverfahren gegen den US-Konzern ein, in dem es um eine vermutete Bevorzugung eigener Angebote und von Marktplatz-Händlern geht, die bestimmte Amazon-Dienste nutzen.

Die EU-Kommission hatte das Wettbewerbsverfahren gegen Amazon Mitte Juli 2019 offiziell eingeleitet, um dem Verdacht auf illegale Geschäftspraktiken nachzugehen. Hintergrund ist Amazons Doppelrolle als Onlinehändler und Plattform für andere Onlinehändler. Der Verdacht, dass Amazon diesen Vorteil wettbewerbswidrig ausnutzt, um das eigene Angebot zu optimieren, hat sich offenbar bestätigt. So erklärte die EU-Kommission nun, es sei gezeigt worden, dass Amazon-Mitarbeitern sehr große Mengen nicht-öffentlicher Verkaufsdaten der Marktplatz-Onlinehändler zur Verfügung stehen. Die würden direkt automatisiert ausgewertet, um Endkundenangebote und geschäftliche Strategien Amazons auszutarieren – "zum Nachteil der anderen Verkäufer auf dem Marktplatz".

Amazon wisse etwa, welche Produkte der unabhängigen Händler sich am besten verkaufen und wie viel Geld diese damit verdienen. Bekannt sei Amazon auch, wie oft die Angebote aufgerufen werden, wie es beim Versand aussehe und in welchem Umfang Verbraucherrechte wahrgenommen werden. Amazon könne anhand der Informationen entscheiden, welche Produkte ins eigene Angebot aufgenommen werden und dieses darüber hinaus auf Basis der nicht-öffentlichen Daten an die Konkurrenten anpassen. Dadurch vermeide Amazon "die normalen mit dem Wettbewerb im Einzelhandel verbundenen Geschäftsrisiken", kritisiert die Kommission. Sollte sich der Verdacht weiter bestätigen, läge ein Verstoß gegen EU-Recht vor.

In dem zweiten, nun eingeleiteten Verfahren geht es darum, nach welchen Kriterien Amazon das Einkaufswagen-Feld für Produkte vergibt und wie es unabhängigen Händlern ermöglicht wird, Kunden von Amazon Prime zu beliefern. Es gebe hier den Verdacht, dass Amazon die hauseigenen Angebote bevorzuge, aber auch solche von Marktplatz-Verkäufern, die die Logistik- und Zustellungsdienste von Amazon nutzen ("Versand-durch-Amazon"). Auch hier könnte ein Verstoß gegen EU-Recht vorliegen, sollten sich die Vorwürfe bestätigen. Im ersten Kartellverfahren kann Amazon nun nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte unter anderem die Untersuchungsakten einsehen und eine Anhörung beantragen.

(mho)