Antitrust-Klage gegen Microsoft

Zwei Jahre nach dem lauen Ende der regierungsamtlichen Antitrust-Untersuchung muß Microsoft wegen derselben Vorwürfe noch einmal vor Gericht.

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Von
  • Christian Persson

Zwei Jahre nach dem lauen Ende der regierungsamtlichen Antitrust-Untersuchung muß Microsoft wegen derselben Vorwürfe noch einmal vor Gericht. Caldera, ein von dem früheren Novell-Boß und Microsoft-Gegner Ray Noorda finanziertes Unternehmen, will das von Novell aufgegebene DR-DOS wiederbeleben und fordert von Microsoft Schadenersatz in nicht spezifizierter Höhe.

Die in der Linux-Szene wohlbekannte Caldera Inc. aus Utah hat DR-DOS inklusive damit verbundener Ansprüche von Novell übernommen. Caldera-Chef Bryan Sparks kündigte an, das Betriebssystem noch in diesem Jahr wieder auf den Markt zu bringen. Novell hatte DR-DOS 1991 -- noch in der Ära Noorda -- von Digital Research gekauft und sich angestrengt, es als Alternative zu MS-DOS zu etablieren. Aber trotz etlicher Vorzüge setzte es sich nicht durch. Laut Calderas Klageschrift war das Scheitern "ein direktes Resultat von Microsofts räuberischen Handlungen".

Auch das US-Justizministerium hatte in seiner Anklageschrift aus dem Jahr 1994 den Fall von DR-DOS aufgeführt, als es Microsoft vorwarf, mit wettbewerbswidrigen Praktiken den Betriebssystemmarkt zu monopolisieren. Vor allem die "Per-Processor"-Verträge wurden damals moniert -- die Abrechnung von Lizenzgebühren pro PC, gleich mit welchem Betriebssystem. Das aufsehenerregende Verfahren endete mit einem zahnlosen Kompromiß [1]: Microsoft gab keine Schuld zu, versprach aber, einige umstrittene Bedingungen zu ändern.

Caldera will jetzt "zu Ende bringen, was das Justizministerium unvollendet gelassen hat", so der Anwalt des Unternehmens, Stephen D. Susman. Microsoft habe durch ungesetzliche Handlungen "dem Wettbewerb, dem Verbraucher und der Innovation" geschadet und übe bis heute "räuberische Praktiken" aus, um sein Monopol zu stützen. So erhielten OEMs nur dann kommerziell vernünftige Preise, wenn sie ausschließlich Microsoft-Betriebssysteme einsetzten.

Neben dem Ersatz des Schadens in Sachen DR-DOS -- Beobachter sprechen von einem potentiellen Anteil von 20 % am MS-DOS-Markt in den Jahren 1991 bis 1994, der Novell entgangen sei -- verlangt Caldera weitreichende Auflagen für die Zukunft: Preispolitik und Lizenzpraktiken, die auf den Ausschluß von Wettbewerbern hinauslaufen, sollen Microsoft untersagt werden. Für die Dauer von zehn Jahren will Caldera Einblick in alle APIs für Betriebssystemprodukte erhalten. Außerdem soll das Gericht den Redmondern verbieten, Code in Programme einzubauen, dessen einziger oder primärer Zweck darin bestehe, Inkompatibilitäten mit Caldera-Produkten herbeizuführen.

Microsoft kommentierte die Klage als zweckloses Aufwärmen alter Anschuldigungen. Auch die Börse blieb unbeeindruckt: Microsofts Aktien kletterten an den folgenden Tagen um 5 Dollar.

[1] Ingo T. Storm, Sabine Dutz: Watteweicher Kompromiß, Microsoft einigt sich mit Kartellbehörden, c't 9/94, S. 16

Weitere Informationen auf http://www.caldera.com (cp)