Apotheker protestieren gegen Arzneimittelhandel im Web

Die Pläne der Krankenkassen zum Versand von Arzneimitteln gefährdeten die Gesundheit der Verbraucher, klagt der bayerische Apothekerverband.

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Von
  • Klaus Peeck

"Die Krankenkassen gefährden durch den illegalen Versand von Arzneimitteln die Gesundheit der Bevölkerung", warnt der Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer Johannes Metzger, nachdem die Betriebskrankenkassen in Bayern angekündigt hatten, einen Internet-Versandhandel von Arzneimitteln zu organisieren.

Der Schutz der Bevölkerung dürfe nicht durch zweifelhafte Einsparungen in Frage gestellt werden, sagte Metzger, der auch Präsident der Bundesapothekerkammer ist. Insbesondere den Schutz der Verbraucher sehen die Apotheker durch den Computer-Handel gefährdet. Das Gesamtsystem der Arzneimittelsicherheit werde dadurch ausgehebelt. Prüfung, Kontrolle und Überwachung sowie Rückruf, Abgabevorschriften und Beratungspflicht bei Arzneimitteln würden zu Lasten der Gesundheit der Patienten aufgegeben. Die Apotheker in Bayern würden deshalb alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um dieses Vorhaben zu stoppen, kündigte Metzger am Freitag in München an.

Rückendeckung erhielt Metzger heute bei ein em Treffen mit dem bayerischen Verbraucherschutzminister Eberhard Sinner (CSU). Sinner erteilte dabei dem Internet-Versandhandel von Arzneimitteln eine klare Absage, da dieser unkalkulierbare Risiken berge. Der "Bezug per Mausklick" fordere einen "unreflektierten Konsum" von Antibiotika und Hormonen, Lifestyle-Medikamenten, Dopingmitteln und Psychopharmaka sowie Schlankheits- und Wundermitteln aller Art geradezu heraus.

Durch den Versandhandel von Arzneimitteln sei auch das flächendeckende Netz dienstbereiter Apotheken in Bayern gefährdet. Wenn hochpreisige Arzneimittel per Versandhandel verschickt würden und den Apotheken lediglich die Versorgung mit Billigpräparaten und die Notfallversorgung übrig bleibe, sei der hohe Standard einer schnellen Arzneimittelversorgung im Flächenland Bayern nicht mehr gewährleistet.

Inwieweit die Sorge um den Verbraucherschutz tatsächlich das Hauptmotiv für die Klagen der Apothekerverbände darstellt, darf bezweifelt werden. Die Apothekerschaft befürchtet vielmehr eine Bedrohung, der ihr gesetzlich garantierten Preisbindung und den damit verbundenen berechenbaren Gewinnmargen. Zustimmung findet der Versandhandel mit Arzneimitteln auf Seiten des Bundesgesundheitsministeriums und mittlerweile auch der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände, die jedoch dem Schutz der Patienten höchste Priorität einräumen. Ein qualitätsgesicherter Versandhandel mit Arzneimitteln sei deshalb nur über verbesserte EU-weite Rechtsvorschriften zu gewährleisten. Selbst der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie äußert sich positiv; es gehe nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie des Internethandels. Wer jetzt noch auf Blockade setze, sorge höchstens dafür, dass das Feld den schwarzen Schafen überlassen werde. Der Vorschlag des Verbandes: Ein gemeinschaftliches, qualitätsgesichertes Internet-Portal aller deutschen Apotheken für Verbraucher-Informationen und Bestellungen. Liefern könne dann der Apotheker um die Ecke.

Auch auf Verbraucherseite besteht reges Interesse an einem Arzneimittelkauf via Internet. Nach einer im Februar veröffentlichten repräsentativen Umfrage sind 89 Prozent der Befragten der Meinung, der Versandhandel mit Arzneien solle zugelassen werden. Als besondere Vorteile erwarteten sie günstige Preise und die Bequemlichkeit des Einkaufs.

Den Pionieren des Arzneihandels via Internet, beispielsweise DocMorris, werden derzeit jedoch unter Verweis auf das deutsche Arzneimittelrecht Steine in den Weg gelegt. Die jüngste Entscheidung des Landgerichts Frankfurt vom Mittwoch untersagt DocMorris per Einstweiliger Verfügung erneut den gewerbsmäßigen Handel mit Arzneimitteln in Deutschland. Das Landgericht Berlin hatte dem Arzneiversender Ende letzten Jahres seine Tätigkeit erlaubt. (klp)