Apple will die Mac-Clones einstampfen

Drei Jahre nach der Öffnung der Macintosh-Plattform für Lizenznehmer möchte Apple das Rad offenbar am liebsten wieder zurückdrehen.

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Von
  • Christian Persson

Drei Jahre nach der Öffnung der Macintosh-Plattform für Lizenznehmer möchte Apple das Rad offenbar am liebsten wieder zurückdrehen. Mit dem Kauf des Clone-Geschäfts von Power Computing wurde der Haupt-Konkurrent ausgeschaltet, bestehende Verträge mit anderen Lizenznehmern sollen nicht auf neue Systeme ausgedehnt werden. De-facto-Chef Steve Jobs erklärte, die Lizenzgebühren deckten nicht annähernd Apples Kosten für Entwicklung und Marketing der Plattform: "Im Endeffekt geben wir zu jeder MacOS-Lizenz einen Zuschuß von mehreren hundert Dollar." Auf diese Weise werde Apple niemals in die Gewinnzone zurückkehren, gleichgültig wie gut das Unternehme arbeite. Power Computing und "andere Lizenznehmer" seien nicht bereit gewesen, im Gegenzug für die Ausweitung der Lizenzen auf Notebooks und CHRP-Systeme einen fairen Anteil der Kosten zu übernehmen.

"Andere Lizenznehmer" sind vor allem Motorola und Umax. Motorola steht mit seiner erfolgreichen StarMax-Linie in kaum einem anderen Wettbewerbsverhältnis zu Apple als Power Computing. Der neueste StarMax ist ein CHRP-System (Test in der kommenden c t 10/97) und fällt als solches nicht unter die bestehenden Lizenzverträge. Apple verlangt als Vorbedingung für eine Erweiterung der Verträge einen Vermarktungsplan, der auf eine Ausweitung des MacOS-Marktes ziele, also offenbar Klauseln zum Schutz vor der Konkurrenz. Bei Motorola gab es Krisensitzungen, eine offizielle Stellungnahme steht aber noch aus.

Umax geht dagegen davon aus, Apples Vorstellungen hinsichtlich der Marktstrategie zu erfüllen. Gegenüber US-Journalisten sagte ein Firmensprecher, Umax könne mit Systemen für weniger als 1000 US-Dollar einen anderen Markt bedienen als Apple. Man sehe auch Absatzmöglichkeiten im asiatischen Raum, die Apple nicht habe. Daher sei man zuversichtlich, zu einer neuen Vereinbarung zu kommen.

Die Clone-Krise fand ein zwiespältiges Echo: Während die Wall Street auf Apples Schritte positiv reagierte und der Aktienkurs um einige Prozentpunkte stieg, herrschte in den einschlägigen Newsgroups von Macintosh-Anhängern massive Enttäuschung vor. Viele Teilnehmer warfen Apple vor, sich dem Wettbewerb zu entziehen und damit einen verhängnisvollen Fehler zu machen. "Computerei heißt heutzutage offene Standards und Wettbewerb. Goodbye Apple!" lautet eine typische Äußerung.

Der texanische Hersteller Power Computing war der erste und mit einem zeitweiligen MacOS-Marktanteil von über 12 Prozent der schärfste Konkurrent Apples. Ein Liefervertrag mit Education Access, einem großen Distributor im US-Schulmarkt, hatte Apple besonders hart getroffen. Mit Direkt-Marketing und einem Build-To-Order-System unterbot Power Computing notorisch Apples Preise. Obendrein galt die Firma in der US-Computerpresse als wichtigster Innovator der Macintosh-Plattform, da sie mit Prototyp-Prozessoren, übertakteten Apple-Boards und schnelleren Komponenten immer wieder Benchmark-Rekorde aufstellte.

Der mit Power Computing Ende 1994 geschlossene Vertrag ging in seinem Gehalt über spätere Apple-Lizenzverträge weit hinaus. Power Computing hätte für die Dauer von fünf Jahren ein Anrecht auf alle neuen MacOS-Versionen gehabt. Für 100 Millionen US-Dollar (ca. 183 Millionen DM) hat Apple jetzt unter anderem dieses Recht zurückgekauft. Auch das geistige Eigentum von Power Computing, darunter erste eigenständige Hardware-Entwicklungen, ist Teil des Handels. Außerdem darf Apple wichtige Mitarbeiter aus den Bereichen Direkt-Marketing sowie Entwicklung übernehmen und erhält die rund 200000 Adressen umfassende Kundendatenbank. Die meisten der rund 450 Mitarbeiter bleiben jedoch bei Power Computing. Die Firma behält ihren Namen und ihre Fertigungsstätten. Die geplante Börseneinführung wird zwar zunächst ausgesetzt, aber Power Computing bleibt im Geschäft: In diesen Tagen will die Firma ein Windows-Notebook herausbringen. (cp)