Assanges Anwälte fordern Aufhebung des Haftbefehls

Zwei Jahre in der ecuadorianischen Botschaft sind genug, meinen die Anwälte von Julian Assange. Sie wollen nicht die Verjährung der Assange vorgeworfenen Straftaten im August 2020 abwarten.

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Von
  • Detlef Borchers

Am kommenden Dienstag wollen die Rechtsanwälte des Wikileaks-Gründers Julian Assange in Stockholm einen Antrag einreichen, den Haftbefehl aufzuheben. Der Antrag wird von Anne Ramberg vom schwedischen Anwaltsverband unterstützt. Sie beklagte gegenüber der tageszeitung den "Zirkus", den die schwedische Staatsanwaltschaft, die britische Justiz und Assange selbst inszenierten.

Der neue juristische Vorstoß der Rechtsanwälte wird vom spanischen Staranwalt Baltasar Garzón koordiniert. Kernstück ist eine Erklärung von 50 Anwälten und Menschenrechtsorganisationen, dass die Menschenwürde von Assange durch den Zwangsaufenthalt in der ecuadorianischen Botschaft verletzt werde.

Der dank einer Bürgschaft in Großbritannien unter Hausarrest lebende Wikileaks-Chef hatte sich im Juni 2012 in die Botschaft begeben, nachdem in dritter Instanz auch das höchste britische Gericht dem Auslieferungsersuchen der schwedischen Staatsanwaltschaft stattgegeben hatte. Schweden will seit dem 10. September 2010 Assange zu Vorwürfen der sexuellen Nötigung in zwei unterschiedlichen Fällen befragen. Sollten sich die Vorwürfe nach Ansicht der Staatsanwaltschaft bestätigen, müsste nach schwedischem Recht innerhalb von 6 Tagen das Gerichtsverfahren folgen. Da dies in der ecuadorianischen Botschaft nicht möglich ist, sehen die Ermittler von einer Befragung von Julian Assange in der Botschaft ab. Nach Angaben der tageszeitung würde die schwerste der Assange vorgeworfenen Straftaten im Jahre 2020 verjähren. Spätestens dann müsste der Haftbefehl aufgehoben werden, den Assange nicht akzeptieren will.

Zum zweijährigen Aufenthalt in der Botschaft hielt der ecuadorianische Außenminister Ricardo Patiño eine Rede, in der er "den politisch verfolgten Journalisten" Julian Assange verteidigte. In der Rede forderte er die schwedische und britische Regierung auf, den Fall neu aufzurollen. Zudem sollten die USA die von Assange vermuteten geheimen Gerichtsverfahren gegen Wikileaks einstellen und sich die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen mit dem Fall befassen. Patiño kritisierte die westlichen Medien wie die New York Times, El Pais, Le Monde, Guardian und den Spiegel. Sie alle hätten vom Material profitiert, das Wikileaks geliefert habe, würden aber nichts tun, um Assange zu helfen.

[Update 23.06.2014 10:43]:

Die Liste der fast 60 Organisationen, die den neuerlichen Anlauf des Juristen Baltasar Garzón unterstützen, enthält einige juristische Vereinigungen, deren Status unklar ist. So ist das Eva Joly Institute der mit Wikileaks sympathisierenden Juristin Eva Joly nicht identisch mit dem isländischen Anwaltsverband. Der schwedische Verband Rättssäkerhetsorganisationen ist laut Wikipedia ein Zusammenschluss der Anwälte, die sich für Assange engagieren.

Julian Assange verließ Schweden Richtung Berlin per Flugzeug am 27. September 2010 um 17:00 Uhr. Auf diesem Flug verlor er seine Laptops. Die offizielle Vorladung der Staatsanwaltschaft zum vorgeschriebenen abschließenden Verhör erreichte das Büro seines Anwalts Björn Hurtig am 27. September um 14:15. Staatsanwaltschaft und Anwalt einigten sich auf einen Termin am 8. Oktober, einen Tag vor einem groß angekündigten Auftritt Assanges in Stockholm. Doch Assange reiste nicht mehr nach Schweden, das daraufhin einen internationalen Haftbefehl ausstellte. (keh)