Astronomie: Das der Erde nächstgelegene Schwarze Loch gibt es doch nicht

2020 hatte ein Forschungsteam vermeldet, ein nur 1000 Lichtjahre entferntes Schwarzes Loch gefunden zu haben. Neue Daten liefern eine andere Erklärung.

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Künstlerische Darstellung des Doppelsternsystems

(Bild: ESO/L. Calçada)

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Das angeblich der Erde am nächsten gelegene Schwarze Loch gibt es doch nicht. Das haben zwei Forschungsteams jetzt anhand neuer Beobachtungsdaten herausgefunden. Ihre Erklärung für die ursprüngliche Beobachtung ist dabei nicht wesentlich weniger aufregend: Statt des ursprünglich vorgeschlagenen Dreifachsystems aus zwei Sternen und einem Schwarzen Loch handelt es sich demnach um ein Doppelsystem mit einem "Vampir"-Stern in einem kurzlebigen Stadium seiner Entwicklung. Auch wenn sich dort doch kein Schwarzes Loch befindet, soll das 1000 Lichtjahre entfernte System mit der Bezeichnung HR 6819 deshalb intensiv weiter erforscht werden.

Wie die Europäische Südsternwarte ESO jetzt erläutert, hatte das Vorhandensein eines Schwarzen Lochs in dem System als beste Erklärung für die dort gefundenen Besonderheiten gegolten. Die Forschungsgruppe um Thomas Rivinius von der ESO war zu dem Schluss gekommen, dass in dem System ein Stern alle 40 Tage ein Schwarzes Loch umkreist, ein weiterer Stern befand sich demnach auf einer deutlich größeren Umlaufbahn um beide. Die Doktorandin Julia Bodensteiner von der Universität Leuwen hatte aber eine andere Theorie. Sollten sich beide Sterne innerhalb von 40 Tagen einmal umkreisen und der eine einen Großteil seiner Masse an den anderen verloren haben, wäre kein Schwarzes Loch nötig.

Um die Frage zu klären, habe man mit dem Very Large Telescope Interferometer (VLTI) der ESO herausfinden müssen, ob sich die beiden Lichtquellen eng oder weit umkreisen. Zwei mit der Frage beschäftigte Teams haben sich dazu zusammengetan. Ermittelt haben sie mit den sensiblen Instrumenten, dass die beiden Sterne einander tatsächlich in einem Drittel der Entfernung zwischen Erde und Sonne umkreisen. HR 6819 ist also nicht das erste mit bloßem Auge sichtbare Sternsystem mit einem Schwarzen Loch.

Stattdessen sehen wir das System in astronomischen Maßstäben kurz nachdem einer der Sterne die Atmosphäre des anderen abgesaugt hat. Der aufsaugende Stern dreht sich dadurch schneller. Es handle sich um eine extrem kurze Phase in der Geschichte von Doppelsternen. Gemeinsam wollen die Teams diesen "Vampirismus" nun weiter erforschen. Ihre Arbeit wurde im Fachmagazin Astronomy & Astrophysics veröffentlicht.

(mho)