Atomkraft: Bundesregierung prüft Brennelementeproduktion in Lingen

Atomkraftgegner protestieren erst recht angesichts eines möglichen russischen Einstiegs gegen die Atomfabrik. Von der Bundesregierung kommen vage Antworten.

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Framatome-Standortleiter Andreas Hoff im November 2020.

(Bild: Framatome)

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Angesichts des geplanten Einstiegs des russischen Unternehmens TVEL in die Brennelementeproduktion in Lingen verstärkt sich der Widerstand gegen Atomanlagen im Emsland und darüber hinaus. Die regionalen Atomkraftgegner des Bündnis AgiEL haben nun zusammen mit Gleichgesinnten aus Frankreich und Russland sowie mit über 120 Organisationen in einer Resolution gefordert, dass die vom französischen Unternehmen Framatome betriebene Fabrik in Lingen geschlossen wird.

Das Bundesumweltministerium "ist weiterhin grundsätzlich der Auffassung, dass unser Atomausstieg nicht mit der Produktion von Brennstoff und Brennelementen für Atomanlagen im Ausland vereinbar ist", teilte das Ministerium auf Anfrage von heise online dazu mit, wie es grundsätzlich zur weiter bestehenden Atomwirtschaft in Deutschland stehe.

Das Umweltministerium prüfe jetzt unter Einbeziehung anderer betroffener Ressorts das weitere Vorgehen im Lichte des Koalitionsvertrags. In dem zwischen SPD, Grünen und FDP geschlossenen Vertrag heißt es: "Am deutschen Atomausstieg halten wir fest. Wir setzen auf eine sozial-ökologische Marktwirtschaft und auf konkrete Maßnahmen, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden und die Menschen mitnehmen."

Im März 2021 hatte das Bundesumweltministerium der vorigen CDZ/CSU-SPD-geführten Regierung gefordert, dass alle Atomfabriken in Deutschland geschlossen werden. Außer in Lingen gibt es einen weiteren Standort in Gronau in Nordrhein-Westfalen, an dem Urenco Uran anreichert.

Die Brennelemente-Fabrik in Lingen wird von Advanced Nuclear Fuels betrieben, einer Tochter von Framatome, die wiederum dem französischen AKW-Betreiber EDF gehört. Zusammen mit TVEL, das dem russischen Rosatom-Konglomerat angehört, will Framatome künftig in einem Gemeinschaftsunternehmen in Lingen nukleare Brennelemente herstellen. Ein Antrag zu dem Joint Venture liegt dem Bundeskartellamt seit Februar 2021 vor.

Das Bundeswirtschaftsministerium teilte heise online zum geplanten Einstieg von TVEL in Lingen mit, es äußere sich aus Gründen des Datenschutzes nicht zu einzelnen Investitionsprüfverfahren. Es äußere sich auch nicht dazu, ob eines eröffnet worden sei. Der Spiegel hatte im April 2021 berichtet, das Wirtschaftsministerium prüfe das Vorhaben.

In ihrer trinationalen Resolution (PDF) schreiben AgiEL, die französische Organisation Réseau Sortir du nucléaire und Ecodefense aus Russland, das Bundeskartellamt habe dem Joint Venture bereits zugestimmt. Die Fabrik im Emsland beliefert unter anderem Reaktoren in der Schweiz und in Belgien. Die Atomkraftgegner befürchten, dass die Kooperation von Framatome und Rosatom dazu führen könnte, dass die russische Atomindustrie Teile der Brennelementeproduktion von Russland nach Deutschland auslagert, auch um unbequeme EU-Sanktionen im atomaren Bereich zu unterlaufen.

(anw)