Atomkraft: EU-Kommission prüft belgische Beihilfen für Lauftzeitverlängerung

Belgien will die Laufzeiten von Doel 4 und Tihange 3 um zehn Jahre verlängern und den Betreiber dabei unterstützen. Das prüft die EU-Kommission.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 98 Kommentare lesen
AKW Tihange

(Bild: Electrabel)

Lesezeit: 2 Min.

Die EU-Kommission prüft, ob die von der belgischen Regierung geplante Unterstützung für die Laufzeitverlängerung von zwei Atomreaktoren zulässig ist. Konkret geht es um Doel 4 und Tihange 3, deren Laufzeit um zehn Jahre verlängert werden sollen. Der belgische Staat will Betreiber Electrabel dabei unter anderem finanziell unterstützen.

Der belgische Staat will mit Electrabel ein Gemeinschaftsunternehmen gründen und 2 Milliarden Euro als Gesellschafterdarlehen und Kapital beisteuern, um die Kosten für die nötigen Investitionen zu decken. Hinzu kommen vom belgischen Staat bereitgestellte finanzielle Unterstützungsmechanismen. Dazu gehören laut EU-Kommission unter anderem eine Vorfinanzierung der Kosten und Ausgaben von Electrabel für die Entwicklungstätigkeiten, ein Darlehen von rund 580 Millionen Euro und eine Garantie zur Gewährleistung des operativen Cashflows.

Zudem sollen Electrabels Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der langfristigen und endgültigen Lagerung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente auf den belgischen Staat übertragen werden gegen Zahlung eines Pauschalbetrags von 15 Milliarden Euro. Hinzu kommen Risikoteilung und Rechtsschutz, falls es künftig zu Gesetzesänderungen kommt, die Betreiber von Atomkraftwerken in Belgien betreffen.

"Obwohl die belgische Maßnahme zum gegenwärtigen Zeitpunkt gerechtfertigt erscheint, hat die Kommission Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit den EU-Beihilfevorschriften", teilte die EU-Kommission mit. Daher habe sie beschlossen, ein eingehendes Prüfverfahren einzuleiten.

Die belgische Regierung beschloss im März 2022, die Laufzeit der beiden Reaktoren um zehn Jahre zu verlängern. Doel 4 und Tihange 3 sind seit 1985 in Betrieb und leisten zusammen 2 GW. Diese beiden jüngsten von insgesamt sieben belgischen Reaktoren sollten laut dem belgischen Atomausstiegsbeschluss von 2003 wie die anderen eigentlich spätestens 2025 abgeschaltet werden.

Doel liegt 150 Kilometer, Tihange 70 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Im Sommer 2021 unterzeichnete die Stadt Köln eine Resolution, die sich gegen die Laufzeitverlängerung richtet. Der Standort Doel werde seit Jahren wegen verschiedener Sicherheitsbedenken kontrovers diskutiert, hieß es in der Resolution, die von der Region Aachen initiiert worden war. Die Region hatte bereits 2017 mit Jodtabletten für einen möglichen Atomunfall vorgesorgt. Die damalige Bundesumweltministerin Svenja Schulze teilte 2018 dem zuständigen belgischen Minister mit, dass sie die Verlängerungen von Laufzeiten von AKW für den falschen Weg halte.

In eigener Sache: heise online bei WhatsApp

Keine Tech-News mehr verpassen: heise online auch bei WhatsApp abonnieren!

Wir schicken einmal am Tag die wichtigsten Nachrichten aus der Redaktion.

(anw)