Atomkraft: Hitzewellen als Herausforderung für die Umwelt und Stromversorgung

Wenn Wassertemperaturen in Flüssen Grenzwerte überschreiten, müssen Atomreaktoren zumindest gedrosselt werden. In diesem Sommer passiert es wieder.

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AKW Paks

Atomkraftwerk Paks

(Bild: atomeromu.mvm.hu)

Lesezeit: 3 Min.

In Frankreich hat der Betreiber EDF Reaktor 2 des Atomkraftwerks Golfech vorübergehend heruntergefahren, weil das Wasser der Garonne die zulässige Temperaturgrenze von 28 °C erreicht hat. Reaktor 1 bleibe auf Wunsch des Betreibers des nationalen Stromnetzes in Betrieb, seine Leistung werde angepasst, teilte EDF mit.

Auch in Ungarn bereitet ein zu warmer Fluss Kopfzerbrechen. Das dortige Energieministerium plant laut Medienberichten, für das Atomkraftwerk Paks eine Genehmigung zu erteilen, dass der Temperaturgrenzwert von 30 °C für die an dem AKW vorbeifließende Donau erhöht wird. Die Stromversorgung könne ansonsten gefährdet werden, heißt es. Im Juni hatte bereits das dortige Bundesamt für Energie eine Ausnahme dafür genehmigt, dass das AKW Beznau Wasser in den Fluss Aare leitet, wenn dessen Temperatur über 25 °C liegt. Das Atomkraftwerk wird ebenfalls weiterbetrieben, um die Versorgungssicherheit nicht zu gefährden.

Die sich ändernden klimatischen Bedingungen mit längeren Trockenphasen und Hitzeperioden bereiten Atomkraftwerken schon länger Probleme. Vor neun Jahren etwa stand in Deutschland das seinerzeit noch laufende AKW Grohne vor der Abschaltung, weil die Weser stark erwärmt war. 2022 wurde wegen der hohen sommerlichen Temperaturen die Leistung des AKW Beznau reduziert, der französische Betreiber EDF bekam eine Ausnahme von Umweltvorschriften, damit das AKW Bugay weiterlaufen konnte. Auch in Belgien mussten Reaktoren gedrosselt werden.

Behördliche Umweltauflagen verlangen, dass die Wassertemperatur flussabwärts eines AKW und die Temperatur des Wassers, das zurück in den Fluss oder das Meer geleitet wird, Grenzwerte nicht überschreitet, erläutert die deutsche Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS). Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Tier- und Pflanzenwelt geschützt und das ökologische System nicht aus dem Gleichgewicht gebracht wird. Ist abzusehen, dass solche Grenzwerte erreicht werden, muss die Leistung des Kraftwerks reduziert werden, um die benötigte Kühlwassermenge zu reduzieren beziehungsweise das Kühlwasser nicht zu sehr zu erwärmen.

Ein ernstes sicherheitstechnisches Problem stellen längere Hitzeperioden nicht dar, da sie in der Regel relativ lange im Voraus vorhersehbar sind und die Wassertemperaturen nur langsam ansteigen, hat das GRS in mehreren Forschungsarbeiten ermittelt. Die Anlage könne rechtzeitig abgefahren oder ihre Leistung reduziert werden. Allerdings müssten auch Sicherheitssysteme wie Notstromdiesel gekühlt werden, wenn sie beansprucht werden müssen. Auch hier würden Maximalwerte für das Kühlwasser angesetzt, die überprüft werden müssen.

So wie allgemein bei Kraftwerken mit Dampfturbinen, zu denen AKW zählen, können Hitzeperioden Einbußen bei der erzeugten Leistung verursachen, wodurch weniger Strom produziert werde, ergänzt die GRS. Greenpeace Schweiz richtet seinen Blick auch auf die durch höhere Temperaturen belastete Umwelt. In der Aare, in die nun auch bis zu 33 °C warmes Wasser geleitet werden darf, stünden Forellen und Äschen unter Druck. Sie seien ohnehin selten und reagierten empfindlich auf die höheren Wassertemperaturen.

(anw)