Auf der Suche nach mehr Energieeffizienz in der IT

Zum Abschluss der Münchner Messe Systems haben Experten Lösungsvorschläge zur Senkung des Energiebedarfs bei Hardware und Software diskutiert.

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Von
  • Monika Ermert

600 Millionen Tonnen CO2-Emissionen im Jahr gehen laut Marcus Eul von der Beratungsfirma A.T. Kearney auf das Konto der IT-Branche. Ohne Gegenmaßnahmen könnte der CO2-Ausstoß der Branche in Deutschland bis 2020 um 212 Prozent auf 31 Millionen Tonnen ansteigen. Während die Zahlen zum rasant steigenden Energieverbrauch in der IT und der Telekommunikation samt dem CO2-Verbrauch vielfach zitiert werden, gehen die Lösungsvorschläge in unterschiedliche Richtungen. So auch im Rahmen einer Diskussion zum Thema "Sparsam rechnen und kommunizieren" während der Messe Systems.

Mit jeder Verkleinerung der Chips von Intel "haben wir eine 20 Prozent höhere Schaltgeschwindigkeit und eine 30 Prozent geringere Leistung", sagte Stefanie Schütze, bei Intel Europa zuständig für Energy Efficiency. Aktuell produziert Intel 45-Nanometer-Chips, die 32-Nanometer-Variante sei bereits am Horizont. Weil der Effizienzgewinn für die Unternehmen Kosten spare, müsse zum Einkauf der gleichzeitig "grüneren" Chips niemand überredet werden.

Der Einsatz von Notebooks an Stelle von Desktops in Büros könnte den Energieverbrauch um das 17-fache senken, sagte Schütze. Vergleichbare Einsparungen seien in Rechenzentren durch den Einsatz von Server-Blades anstelle herkömmlicher Server möglich. Schütze lieferte dazu Vergleichszahlen: 2004 seien für 5,1 Millionen Business Operations pro Sekunde (bops) 126 Server, 22 Quadratmeter Raum und rund 48 Kilowatt benötigt worden, heute reiche für die gleiche Leistung ein Rack mit 17 Blades auf rund 4 Quadratmeter Raum bei einer Leistungsaufnahme von 6 Kilowatt.

Der volle Einspareffekt, im Beispiel 36.000 Euro im Jahr, lasse sich eher selten realisieren, da dafür Hardware komplett ausgetauscht werden müsse. Doch schon kleinere Maßnahmen versprächen Erfolg. Schütze berichtete von einem großen Rechenzentrum, in dem diverse ältere Server, auf denen offenbar kein Datenverkehr mehr stattfand, einfach abgeschaltet wurden. "Wenn sich in vier Wochen keiner beschwert, bleiben die auch abgeschaltet", zitierte Schütze den Leiter des Rechenzentrums. Für einzelne Arbeitsplätze verwiesen Schütze wie auch Ralph Hintemann vom Verband Bitkom auf die stromfressenden Bildschirmschoner.

Hintemann präsentierte einzelne Ergebnisse aus einer Studie des Bitkom zum Thema und unterstrich die großen Einsparpotentiale gerade auch in kleineren und mittelständischen Unternehmen. Der Verzicht darauf, vorhandene Energiesparfunktionen zu nutzen, der Dauerbetrieb Tag und Nacht und auch der Einsatz alter Hardware seien Treiber beim Energieverbrauch. Das Einsparpotenzial liege bei bis zu einem Drittel des Stroms.

Der Einsatz von Thin Clients statt überdimensionierter Desktop-PCs gab allerdings Anlass zu viel Überlegungen zum Für und Wider beim Fachgespräch. "Kleine Unternehmen haben große Bedenken gegenüber Thin Clients", berichtete Timo Leinbach vom Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung. Die bereits von vereinzelt bestehenden Angebote von Thin-Client-Lösungen für Privatkunden, deren Applikationen dann auf dem Server des Providers laufen, stoßen nach Ansicht von Experten ebenfalls auf beträchtliche Skepsis.

Dabei macht laut Leinbach der Privatverbrauch in der Telekommunikation 60 Prozent der 54 im Kernnetz verbrauchten Terawattstunden pro Jahr aus. Für den Privatnutzer seien die Energiekosten für die TK allerdings Peanuts, sagte Frank Koch von Microsoft. Hier konkurriere der PC mit der Waschmaschine, die wesentlich mehr Strom verbrauche.

In der Diskussion ging es auch um wenig effiziente Software. Frank Lampe von der IGEL Technology GmbH in Bremen berichtete von einer bayerischen Versicherung, bei der eine Softwareumstellung dazu führte, dass der Abgleich von Datenbanken innerhalb einer Stunde auf einem hauseigenen Rechner erledigt werden konnte, während es zuvor einer Nacht Rechenzeit im Rechenzentrum bedurfte.

In der komplizierten Gesamtrechnung um "Green IT" spielen auch hochpolitische Fragen eine Rolle. Eine zeitweilige Abschaltung von Netzen in Zeiten niedrigen Datenverkehrs sei etwa für das Kernnetz schon wegen der dort dauernd mitlaufenden Überwachung nicht möglich, sagte Gert Eilenberger von den Alcatel-Lucent Bell Labs in Stuttgart.

Neben der Rolle als CO2-Produzent verwiesen zahlreiche Referenten allerdings auch auf die Rolle der IT für enorme Energieeinsparungen. Schütze verwies auf das Beispiel UPS in Oregon. Da Linksabbiegen umständlicher sei und länger dauere, wurde IT-gestützt eine neue Routenplanung errechnet, die aufs Rechtsabbiegen und Geradeausfahren optimiert wurde. Das habe eine Einsparung von einer Million Straßenkilometern und von 815 Tonnen CO2 erbracht. (Monika Ermert) / (anw)