Auf und unter der Haut: Flexible Bioelektronik für den menschlichen Körper

Flexible Sensoren, Geräte und Displays, die sich auf oder unter Haut befinden können, sollen Biodaten eines Menschen erfassen, auswerten und anzeigen.

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Ein Bio-Sensor, der auf der Haut aufgeklebt ist.

(Bild: Wang Group)

Lesezeit: 3 Min.

Sihong Wang, Assistenzprofessor für Molekulartechnik an der Pritzker School of Molecular Engineering der University of Chicago, hat verschiedene Techniken für die Entwicklung flexibler Biolelektronik entwickelt. Zusammen mit dem Polsky Center for Entrepreneurship hat er nun mehrere Patente dafür eingereicht, mit deren Hilfe Geräte entwickelt werden können, die auf der Haut eines Menschen oder implantiert eng mit dem menschlichen Körper zusammenarbeiten. Mit ihnen können dann etwa lebenswichtige Informationen in Echtzeit abgefragt und darauf medizinisch reagiert werden.

In seiner Arbeit hat Wang sich mit der Entwicklung dehnbarer Polymer-Halbleiter und Transistor-Arrays beschäftigt, die außergewöhnliche elektrische Leistungen, hohe Halbleitereigenschaften bei zugleich hoher mechanischen Biegsamkeit erzielen können sollen. Zudem entwickelte Wang triboelektrische Nanogeneratoren. Mit ihnen kann Energie aus den Bewegungen des Trägers gewonnen werden, die dann gespeichert und als Energiequelle für Biolektronik dient.

Wang will nun diese Techniken kombinieren, um Geräte zu entwickeln, die auf und unter der Haut eines Menschen Körperinformationen in Echtzeit erfassen. Darüber hinaus sollen sie eine Grundlage für die Entwicklung einer elektronischen Haut für Roboter bilden. Soft-Roboter sollen damit "fühlen" und ihre Umgebung erweitert wahrnehmen können, lautet eine der weiteren Überlegungen von Wang.

Im medizinischen Bereich sind die Weichen bereits gestellt: Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus diesem Gebiet arbeitet Wang im Rahmen des Bionic Brest Projects an einem neural-prothetischen System, um Menschen nach einer Mastektomie (Entfernung der Brustdrüse) wieder Empfindungen im Brustbereich zu verschaffen. "Solche Sensoren können ähnlich funktionieren wie die Rezeptoren in der Brust, die körperliche Berührungen/Bewegungen wahrnehmen, indem sie diese in ein elektrisches Signal umwandeln", sagt Wang. Wie diese flexiblen Biosensoren entwickelt werden können, beschreibt Wang unter anderem als Mitautor der wissenschaftlichen Arbeit "Stretchable Redox-Active Semiconducting Polymers for High-Performance Organic Electrochemical Transistors", die in Advanced Materials veröffentlicht wurde.

Die darin beschrieben Techniken sollen es dann auch ermöglichen, verschiedene Biomarker im Schweiß zu erkennen. Bisher sei es medizinische Praxis, biochemische Informationen über einen Bluttest zu erhalten. Dazu muss aber erst Blut abgenommen werden, eine kontinuierliche Überwachung ist deshalb nicht möglich. Das wollen Wang und seine Mitstreiter ändern. Ihnen schwebt eine ständige Auswertung der Werte zur medizinischen Überwachung vor, die bereits im Körper erfolgt und auf einem auf dem Körper aufgebrachten Display angezeigt wird. Ein entsprechend dünnes biegsames Display auf Basis elektrolumineszenter Polymere haben sie bereits entwickelt. Nach Angaben des Forscherteams leuchte es sehr hell und behalte seine Leistung auch unter Biegungen bei.

Noch hapert es an einem Gerät, das die Analysen mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen am oder im Körper ausführen kann. Ein solches auf oder unter der Haut befindliches Gerät mache dann die Datenübermittlung körpereigener Informationen an externe Rechner unnötig. "Die Analyse kann viel schneller erfolgen und es besteht nicht das Risiko, dass sehr private Gesundheitsdaten bei diesen drahtlosen Übertragungen verloren gehen." Am Ende soll ein Gerät dabei herauskommen, das medizinische Daten sammelt, analysiert und dem Nutzenden nützliche und effektive Vorschläge für ein gesunderhaltendes Verhalten vorgibt.

(olb)