Augmented Reality: Qualcomm stellt neuen Prozessor für kleinere AR-Brillen vor

Dank Multi-Chip-Design soll der Snapdragon AR2 Gen 1 kompaktere AR-Brillen ermöglichen. Die höhere Leistung soll die Objekterkennung verbessern.

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(Bild: Qualcomm)

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Mit dem Snapdragon AR2 Gen 1 hat Qualcomm einen neuen Prozessor speziell für Augmented-Reality-Brillen vorgestellt. Er basiert auf einem Multi-Chip-Design und weicht damit in einem wichtigen Punkt von Qualcomms bisherigen Prozessoren für Augmented- und Virtual-Reality-Brillen ab. Denn statt alle oder zumindest möglichst viele Komponenten auf einem Chip zu vereinen, sind es nun drei räumlich voneinander getrennte. Vorteile bietet das laut Qualcomm vor allem in Hinblick auf das Brillendesign.

Das neue Multi-Chip-Design soll durch den geringeren Platzbedarf in erster Linie kompaktere AR-Brillen ermöglichen.

(Bild: Qualcomm)

So müssen die Bügel der Augmented-Reality-Brillen (AR-Brillen) nicht mehr Platz für einen großen Chip, sondern nur jeweils einen kleineren bieten. Ebenso kann der Steg schmaler ausfallen, da die Verdrahtung der einzelnen Komponenten durch das Multi-Chip-Design und die verteilten Aufgaben weniger Raum einnimmt. Qualcomm spricht im Vergleich mit dem Snapdragon XR2, der unter anderem in der VR-Brille Meta Quest 2 steckt, von einer um 40 Prozent geringeren Chip-Fläche sowie von 45 Prozent weniger Kabelverbindungen.

Im Detail besteht der Snapdragon AR2 Gen 1 aus drei Chips. Der AR-Prozessor ist für alle Vorgänge verantwortlich, die in den Bereich Wahrnehmung (Perception) und integrierte Displays fallen. Entsprechend verfügt er unter anderem über eigne CPU-Kerne, einen Bildprozessor (Spectra ISP), eine Grafikeinheit und einen KI-Prozessor (Hexagon). Untergebracht wird der AR-Prozessor – so zumindest Qualcomms Design-Vorschlag – im rechten Brillenbügel.

Der AR-Co-Prozessor sitzt hingegen im Brillensteg über der Nase. Über ihn sind die Sensoren und Kameras angebunden. Zusätzlich verfügt er über KI- und Compute-Vision-Kapazitäten, um Sensor- und Kameradaten auszuwerten. Eigene CPU-Kerne sowie ein KI-Beschleuniger sind auch hier vorhanden.

Die einzelnen Komponenten des Snapdragon AR2 Gen 1 verteilt Qualcomm auf die Bügel und den Steg der AR-Brillen. Die Verbindung zum Host erfolgt per WLAN.

(Bild: Qualcomm)

Der dritte Chip sitzt im linken Bügel und ist für die Verbindungen mit dem Host-Gerät verantwortlich. Hauptbestandteil ist die Kommunikationsplattform FastConnect 7800 mit Wi-Fi 7, die auch im Snapdragon 8 Gen 2 zum Einsatz kommt.

Zwei der drei Bestandteile des Snapdragon AR2 Gen 1: Oben der AR Prozessor, unten der AR Co-Prozessor.

Details zu CPU und Grafikeinheit nennt Qualcomm nicht. Auf Nachfrage bestätigte das Unternehmen lediglich, dass es sich um keine "Smartphone-CPU" handelt. Die geringe benötigte Rechenleistung sowie das Ziel von weniger als 1 Watt Energiebedarf stünden dem entgegen.

Ein Host ist erforderlich, da der Snapdragon AR2 Gen 1 nicht über die Leistung verfügt, um sämtliche Berechnungen selbstständig durchzuführen. Beim Host muss es sich laut Qualcomm aber nicht zwingend um ein Smartphone handeln, auch PCs nannte das Unternehmen als geeignete Geräte. Entscheidend ist, dass der Hersteller der AR-Brille für die jeweilige Plattform – etwa Android, iOS oder Windows – eine Companion-App anbietet. Im Idealfall beherrscht der Host aufgrund der hohen Bandbreite und geringen Latenz Wi-Fi 7, ein Muss ist der Standard aber nicht. Im Gespräch bezeichnete Qualcomm Wi-Fi 6E als ausreichend für einen reibungslosen Datenaustausch, aber auch Wi-Fi soll genügend Bandbreite und eine ausreichend geringe Latenz bieten.

Gegenüber dem bisher für AR-Brillen angebotenen Snapdragon XR2 spricht Qualcomm von einem um 50 Prozent verringerten Energiebedarf. Gleichzeitig soll die KI-Leistung sich in Teilen um bis 150 Prozent gesteigert haben. Das gilt vor allem für die Bildverarbeitung mitsamt Objekterkennung und die Verfolgung von Handbewegungen.

Erste AR-Brillen auf Basis des in 4 Nanometern gefertigten Snapdragon AR2 Gen 1 werden bereits von Lenovo, Oppo, Xiaomi und einigen anderen Herstellern entwickelt. Mit der Verfügbarkeit rechnet Qualcomm aber erst im zweiten Halbjahr 2023. Software-Entwickler können ihre Programme über ein SDK an den Snapdragon AR2 Gen 1 anpassen. Kooperationen unter anderem mit Adobe und Niantic sollen das Erstellen von Inhalten vereinfachen. Adobe setzt dabei auf eine Verknüpfung mit den eigenen Programmen, um Inhalte auch ohne Programmierkenntnisse zu realisieren. (pbe)