Auskunfteien: Schufa und Crifbürgel planen Stromkunden-Datenbank
Laut Medienrecherchen arbeiten die Schufa und eine weitere Auskunftei an branchenweiten Datenbanken aller Kunden von Energieanbietern.
Daten von Strom- und Gaskunden sollen offenbar branchenweit zusammengeführt werden, haben Recherchen von NDR und der Süddeutschen Zeitung (SZ) ergeben. Das könnte Verbrauchern den Wechsel erschweren und sogar für Ablehnungen sowie schlechteren Vertragsbedingungen führen, etwa weil Kunden leicht zu identifizieren wären, die den Stromanbieter häufig wechseln. Im November sollen die Datenschutzbehörden über das Vorhaben abstimmen.
Konkret arbeiten dem Bericht zufolge die Schufa und die Münchner Wirtschaftsauskunftei Crifbürgel an den Datenbanken, in denen grundsätzliche Informationen zu den Kunden aufgeführt werden sollen. Bisher ist es nur erlaubt, Daten von Kunden auszutauschen, die Rechnungen nicht bezahlen oder betrügen. Der Datenschutzexperte und frühere Landesdatenschutzbeauftragte Schleswig-Holsteins, Thilo Weichert, hat NDR und SZ gesagt, er sehe das Vorhaben sehr kritisch. "Solche Pools führten dazu, dass Verbraucher unter den Anbietern nicht mehr frei wählen könnten" und spricht davon, Kunden würden zu einem "Freiwild der gesamten Branche" werden.
Auch die Verbraucherschützerin Barbara Saerbeck mahnt, dass durch das Speichern von Angaben zu Energiekonten die Gefahr bestehe, dass Verbraucher künftig diskriminiert würden.
Positiver bewertet das Michael Kaiser von der hessischen Datenschutzbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Schufa liegt: "Wenn ich sehe, dass im Markt der Energieversorger schon die ein oder andere Insolvenz passiert ist – hauptsächlich aufgrund nutzloser Akquisitionskosten – dann muss ich dieses legitime Interesse einfach anerkennen."
Wenig Auskunft der Energieversorger
NDR und SZ haben laut eigener Auskunft auch 75 Energieversorger gefragt, es hätten sich "nur einige" grundsätzlich ablehnend gezeigt, darunter EnBW. E.ON hingegen räumte ein, mit beiden Unternehmen bereits zusammengearbeitet und die Möglichkeiten solcher Datenpools geprüft zu haben. Man sei jedoch nicht über eine Projektphase hinausgekommen. Auch Vattenfall erklärte, im Austausch zu stehen, aktuell aber nicht an einem Pool teilzunehmen. 25 Unternehmen gaben keine Antwort.
Die von der Schufa konzipierte Datenbank nennt sich "Schufa-E-Pool" und sei nach Auskunft des Unternehmens nicht "marktfähig". Die Idee hinter der Datenbank sei auch nicht der Wechsel beziehungsweise das Verhindern eines Wechsels, man wolle Kunden genauer bewerten können. Gespeichert würde nur die Vertragsdauer.
Crifbürgel untersteht der bayerischen Datenschutzbehörde, der ein Konzept nach Informationen von NDR und SZ zur Prüfung vorliegt. Das Unternehmen selbst wollte sich auf Nachfrage des Rechercheteams nicht äußern. "Ein Sprecher erklärte lediglich, dass man ‘generell keine Auskunft über mögliche zukünftige Projekte‘ gebe".
Die Bundesnetzagentur hat nach eigenen Angaben keine Möglichkeit, solche Datenbanken zu untersagen. "Eine rechtliche Handhabe, den Ausbau von Datenpools besonders wechselwilliger Kunden zu begrenzen, hat die Bundesnetzagentur leider nicht", sagte der Sprecher gegenüber der dpa.
[UPDATE: 8.09.2020, 18:25]
Stellungnahme der Bundesnetzagentur ergänzt. (emw)