"Auslandsaufklärung" per FISA: FBI will weiter auch US-Bürger ausspionieren
Der Vize-Chef des FBI, Paul Abbate, fordert, das verlängerte und erweiterte FISA-Programm zur Auslandsaufklärung verstärkt auf nationalem Boden einzusetzen.
Wasser auf die Mühlen von Kritikern eines US-Programms zur Massenüberwachung hat der stellvertretende FBI-Direktor, Paul Abbate, gegossen. Der US-Kongress verlängerte den umstrittenen Abschnitt 702 des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) nach heftigen Auseinandersetzungen am 20. April um zwei Jahre und ergänzte ihn um einen "Stasi-Paragrafen". Am selben Tag appellierte Abbate an die FBI-Agenten, auf Basis dieses Artikels in dem Gesetz zur Überwachung im Rahmen der Auslandsaufklärung weiterhin auch US-Bürger ohne Richterbeschluss auszuspähen. "Das ist eine Beleidigung für alle, denen Rechenschaftspflicht, bürgerliche Freiheiten und unsere Möglichkeit, online ein privates Gespräch zu führen, am Herzen liegen", wettert die US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF). "Es wirft auch die Frage auf, ob das FBI daran interessiert ist, uns zu schützen." Offenbar gehe es diesem nur darum, seine erweiterten Befugnisse zu rechtfertigen.
Allein 2021 durchsuchte das FBI bis zu 3,4 Millionen Mal Daten auf Basis von "Section 702", um die Kommunikation auch von US-Bürgern zu inspizieren. Bei diesen Überwachungsmaßnahmen kommt es immer wieder zu Fehlern und Kompetenzüberschreitungen. Die Durchsuchungen richteten sich auch gegen Demonstranten, Spendengeber und Anzeigenersteller. Neuer Stein des Anstoßes ist nun die Aufforderung Abbates an alle Mitarbeiter, "weiterhin nach Möglichkeiten zu suchen, Anfragen zu US-Personen angemessen zu nutzen, um die Mission voranzutreiben". Eine entsprechende E-Mail hat das US-Magazin Wired in die Finger bekommen. Der FBI-Vize zeigte sich demnach zuversichtlich: Eine neu eingeführte "Vorabgenehmigungspflicht" werde dazu beitragen, "dass diese Anfragen vollständig gesetzeskonform sind".
FBI-Sprecher: E-Mail ist ganz falsch verstanden worden
"Um weiterhin zu zeigen, warum Instrumente wie dieses für unsere Mission unerlässlich sind, müssen wir sie nutzen", unterstrich Abbate dem Bericht nach. Gleichzeitig sei das FBI dafür verantwortlich, "dass wir dies ordnungsgemäß und im Einklang mit den gesetzlichen Anforderungen tun". Die E-Mail deute darauf hin, "dass das FBI aktiv auf eine stärkere Überwachung von Amerikaner drängt", konstatierte die US-Abgeordnete Zoe Lofgren, eine Angehörige der Partei der Demokraten aus Kalifornien. Und zwar offenbar "nicht aus Notwendigkeit, sondern als Standard". Das widerspreche früheren Behauptungen des FBI während der Debatte über die erneute Genehmigung von Artikel 702 direkt.
Abbates Ansage sei als Plädoyer zum Rechtsbruch missverstanden worden, hielt ein FBI-Sprecher dagegen. Dabei habe der leitende Polizeibeamte "die Anerkennung der lebenswichtigen Bedeutung des FISA-Abschnitts 702 für den Schutz des amerikanischen Volkes durch den Kongress" betont. Ihm sei es darum gegangen, "das FBI-Personal sofort über die vom Gesetz eingeführten Änderungen zur Verbesserung der Privatsphäre" zu informieren und auf die Einhaltung der Vorgaben zu drängen.
(bme)