Ausprobiert: Amazon Appstore für Android

Seit Dienstag hat der Amazon Appstore für Android die Pforten geöffnet - eigentlich nur für US-Kunden. Mit der richtigen Kreditkarte funktioniert es allerdings für Alle. Amazons App-Geschäft hat Potenzial, aber auch einige problematische Ecken und Kanten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 191 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen

Der Appstore bietet altbekanntes Amazon-Look-and-Feel.

Bei Amazon kann man nun auch Android-Apps einkaufen: Der Appstore des Online-Warenhauses ist seit Dienstag geöffnet. Um Kunden zu locken, verschenkt Amazon täglich eine Kauf-App – zum Start gab es "Angry Birds Rio" gratis, das bislang exklusiv bei Amazon erhältlich ist. Am heutigen Donnerstag kann man "Doodle Jump" kostenlos herunterladen, im Android Market kostet das Spiel immerhin 70 Cent. Allerdings binden sich Appstore-Kunden zusammen mit heruntergeladenen Apps Amazons hauseigenen DRM-Mechanismus ans Bein. Um sicherzugehen, dass der Kunde die App wirklich gekauft hat, wird bei der Installation ein Token generiert. Dieses überprüft der Kopierschutz bei jedem Programmstart. Damit soll sichergestellt werden, dass man die Apps auch ohne Internetverbindung verwenden kann.

In einem kurzen Test lief "Angry Birds Rio" problemlos im Flugmodus. Amazon schreibt jedoch in seinem Developer-Blog, dass der Appstore-Client "periodisch" mit den Amazon-Servern kommuniziert, um das Token zu erneuern. Wer sein Smartphone also über längere Zeit ohne Netzverbindung nutzt – zum Beispiel im Urlaub – kommt womöglich nicht mehr an seine Apps.

Frech: Amazon will bereits installierte Apps durch die hauseigene Version austauschen.

Reichlich dreist ist das Verhalten des Appstores, wenn man eine App installieren möchte, die sich bereits auf dem Smartphone befindet. Der Amazon-Client merkt dies erst nach dem Herunterladen der Installationsdatei und meldet dann frech: "Diese Applikation ist auf ihrem Gerät bereits installiert, aber nicht mit ihrem Amazon-Account verbunden. Soll sie gelöscht und durch die Amazon-Version ersetzt werden?" Bejaht man die Frage, gehen alle in der jeweiligen App vorgenommenen Einstellungen verloren. Zumindest scheinen bislang lediglich einige Apps mit dem hauseigenen DRM-Mechanismus ausgestattet zu sein: Als wir unser Smartphone testweise bei Amazon "deregistrierten", funktionierten zwar "Angry Birds Rio" und "Doodle Jump" nicht mehr, der im Appstore heruntergeladene "Wifi Analyzer" ließ sich aber nach wie vor problemlos starten. Entwickler, die ihre Programme über den Appstore vertreiben wollen, haben laut Amazon die Wahl, ob sie das hauseigene DRM nutzen wollen oder nicht. Richtig robust scheint der Kopierschutz übrigens nicht zu sein: Bereits wenige Stunden nach Eröffnung des Appstores kursierte eine gecrackte "Angry Birds Rio"-Version im Netz.

Für Entwickler gelten im Appstore die gleichen Bedingungen wie im "offiziellen" Android Market von Google: 70 Prozent bleiben beim Entwickler, den Rest streicht Amazon ein. Anders als Google prüft Amazon jedoch alle Apps, bevor sie online gehen. Mit der sogenannten "Test Drive"-Funktion sollen Kunden jede App 30 Minuten testen können – allerdings nicht auf dem eigenen Smartphone oder Tablet, sondern nur per Emulator im Browser. Offenbar ist die Funktion aber noch nicht freigeschaltet, wir bekamen sie jedenfalls nicht zu Gesicht. Im Android Market erlaubt Google, die App auf dem eigenen Gerät 15 Minuten lang zu testen.

Amazons Appstore ist im Android Market nicht zu finden. Den Downloadlink auf die APK-Installationsdatei schickt Amazon per Mail oder SMS. Android-Benutzer müssen dann in den Systemeinstellungen das Häkchen bei "Installation von Nicht-Market zulassen" setzen – was das Betriebssystem mit einem Warnhinweis quittiert: "Anwendungen aus unbekannten Quellen können gefährlich für Ihr Telefon und Ihre persönlichen Daten sein." Die Option anschließend zu deaktivieren, bringt wenig: Der Appstore funktioniert dann nämlich nicht mehr.

Wer keine US-Kreditkarte nebst -Adresse nutzt, bekommt bei der Installation von Apps eine Fehlermeldung.

Bislang gewährt Amazon nur US-amerikanischen Kunden Zugang zu seinem App-Geschäft. Europäische Kunden dürfen zwar stöbern, doch schon beim Herunterladen von kostenlosen Programmen gibt es eine Fehlermeldung. Daran ändert auch der Einsatz eines US-VPNs nichts. Nutzen darf man den Appstore nur mit US-Kreditkarte und -Rechnungsadresse. In Foren wird bereits darüber diskutiert, ob man sich nicht mit Fake-Kreditkartennummern Zugang verschaffen könnte – offenbar werden diese nämlich nicht geprüft. Ob und wann der Appstore offiziell in Europa startet, wollte Amazon noch nicht sagen. Grundsätzlich wolle man aber auch weiterhin den Anforderungen der weltweiten Kundschaft genügen. Entsprechende Möglichkeiten werde man prüfen, teilte das Unternehmen auf Anfrage mit.

Ob Amazon den Android-Nutzern tatsächlich einen zweiten, alternativen Market schmackhaft machen kann, bleibt abzuwarten. Die Idee, täglich eine kostenpflichtige App zu verschenken, dürfte erst einmal für Laufkundschaft sorgen. Zudem ist der Appstore sehr übersichtlich und angenehm zu bedienen. Obendrein gibt es das altbekannte Amazon-Look-and-Feel mit personalisierten Empfehlungen. Einen faden Nachgeschmack hinterlässt nicht nur das DRM-System – so etwas hat übrigens auch Google im Programm –, sondern vor allem der Zwang, dem Betriebssystem dauerhaft die Installation von Nicht-Market-Apps zu erlauben. (jkj)