BSD-Urgestein: Michael J. Karels mit 68 Jahren gestorben

Er war maßgeblich am quelloffenen BSD-Unix beteiligt, erschuf die BSD-Lizenz und arbeitete bis zuletzt an FreeBSD – ein Nachruf zum Tode von Michael J. Karels.

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(Bild: FreeBSD Foundation)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Michael Plura
Inhaltsverzeichnis

Michael J. Karels studierte Molekularbiologie an der University of California, Berkeley, als er erstmals mit BSD (Berkeley Software Distribution) in Kontakt kam. Das Labor, in dem er dazu arbeitete, hatte zwei Bereiche: In einem wurde an der Genetik von Bakterien geforscht, wo seiner Aussage nach die Hightech-Ausstattung aus Zahnstochern und Petrischalen bestand. Im zweiten Bereich analysierte er einen Teil des Bakteriumgens, das die Bauanleitung für ein bestimmtes Enzym darstellte. Dort gab es viele technische Geräte und eben auch eine PDP 11/40, die für die Datensammlung und -analyse zuständig war.

Auf dieser Maschine lief ein Sixth Edition Unix (V6 Unix) mit einigen Erweiterungen von 2.8BSD und 2.9BSD. Die PDP11/40 weckte sein Interesse und er schrieb ein Fortran-Programm für wissenschaftliche Auswertungen. Irgendwann kam es zu Fehlern auf dem System, sodass ein Mitarbeiter das V6 Unix durch Version 7 ersetzte – dieser Mitarbeiter war Bill Jolitz, gestorben im März 2022, der zusammen mit seiner Frau maßgeblich an der Entwicklung von 386BSD beteiligt war. Unix V7 lief nicht sonderlich gut auf der PDP11/40 und auch die Gerätetreiber für die technischen Instrumente funktionierten nicht. Ohne großartige Vorkenntnisse arbeitete sich Michael J. Karels in die Thematik ein und passte – mit Hilfe von Bill Jolitz – Programme und Treiber an V7 Unix an.

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Professor Bob Fabry aus Berkeley erwarb 1974 eine UNIX-Quellcode-Lizenz von AT&T. Zusammen mit Kollegen begann er, UNIX zu modifizieren, und vertrieb diese Version als Berkeley Software Distribution (BSD). Im April 1980 unterzeichnete Fabry einen Vertrag mit der DARPA, um UNIX weiterzuentwickeln und den speziellen Anforderungen des ARPAnet gerecht zu werden. Mit dieser Finanzierung gründete Fabry die Computer Systems Research Group (CSRG).

Auch Michael J. Karels wurde früh Mitglied der CSRG und so Teil der Entwicklung, insbesondere des TCP-Stacks von BSD. Dass es in BSD4.2 keinerlei Hinweise auf ein Copyright gab, viele amerikanische Unternehmen nach kleinen Änderungen aber ihr eigenes Copyright einfügten, störte Karels. So entwickelte er zusammen mit Anwälten den heute bekannten und in jeder Quellcodedatei vorhandenen Copyright-Hinweis, der in dieser Form erst ab 4.3BSD verteilt wurde. Im Laufe der Zeit entstanden hieraus unter anderem FreeBSD, NetBSD, OpenBSD, DragonFly BSD oder Sun Solaris.

Im Februar 1992 wechselte Karels zu BSDi (Berkeley Software Design) und arbeitete an BSD/OS, das jahrelang das einzige kommerziell erhältliche Unix im BSD-Stil auf einer Intel-Plattform war. Die Software-Assets von BSDi wurden im April 2001 von Wind River übernommen und Karels trat Wind River als Principal Technologist für die BSD/OS-Plattform bei.

2003 wechselte Karels als Senior Principal Engineer zu Secure Computing Corporation, die BSD/OS als Basis für SecureOS verwendeten. Dort entwickelte man vor allem ein Produkt: Die Sidewinder-Firewall, die später als McAfee Firewall Enterprise bekannt (und berüchtigt) wurde. Da die Weiterentwicklung von BSD/OS langsam einschlief, schlug Karels die Umstellung von SecureOS von BSD/OS auf FreeBSD vor. Im Laufe der Jahre flossen viele wichtige Entwicklungen aus diesem Projekt zurück zu FreeBSD. Karels wurde 2017 offiziell zum FreeBSD-Committer ernannt. Nach seiner Pensionierung arbeitete er in seiner Freizeit weiter an FreeBSD.

1993 verlieh die USENIX Association einen Lifetime Achievement Award (Flame) an die Computer Systems Research Group an der University of California, Berkeley, und ehrte damit 180 Personen, darunter auch Karels, die zur Veröffentlichung von 4.4BSD-Lite durch die CSRG beigetragen hatten.

Zusammen mit Marshall Kirk McKusick hat Michael J. Karels mehrere Bücher über "The Design and Implementation of the 4.3BSD UNIX Operating System" verfasst. Noch im Mai letzten Jahres plauderte Karels auf dem FreeBSD Developer Summit 2023 in Ottawa über seine Karriere innerhalb des BSD-Ökosystems.

(fo)