Bahn-Datenskandal: Arbeitsminister bekräftigt Forderung nach Arbeitnehmerdatenschutz [Update]

Nach dem jüngsten Skandal bei der Bahn um Mitarbeiterbespitzelung und illegalen Umgang mit Daten hat Bahn-Chef Hartmut Mehdorn den Aufsichtrat um Auflösung seines Vertrags gebeten.

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Von
  • Jürgen Kuri

Während der Bahn-Chef Hartmut Mehdorn wegen des neuen Skandals um die Durchforstung von Mitarbeiter-E-Mails immer stärker unter Druck gerät und auch in der Berliner Politik an Rückhalt verliert, bekräftigt Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) seine Forderung an einem Gesetz zum Arbeitnehmerdatenschutz. "Die Vorgänge zeigen, dass ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz dringend nötig ist", sagte Scholz der Frankfurter Rundschau. "Noch in dieser Legislaturperiode" werde er einen Gesetzesentwurf vorlegen, der "die geltenden Gesetze sinnvoll zusammenfasst und ergänzt".

Bereits am Freitag, noch bevor der neue Datenskandal bei der Bahn bekannt wurde, hatte Scholz in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau das Anliegen der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder unterstützt. Diese hatten zum Abschluss ihrer 77. Konferenz betont, die Datenskandale bei Unternehmen in der letzten Zeit bewiesen, "wie dringlich die Bundesregierung ein Gesetz zum Beschäftigtendatenschutz auf den Weg bringen muss". Der Trend zur heimlichen Überwachung von Beschäftigten nehme bei den Arbeitgebern bundesweit zu.

Scholz betonte nun erneut, in Zeiten der elektronischen Kommunikation seien auch neue Rechte für Arbeitnehmer erforderlich. Zu viele Firmen hätten "kein Gespür dafür, wann die Grenze zum unzulässigen Übergriff in den Privatbereich überschritten" sei.

In Berlin wachsen derweil die Zweifel daran, dass Hartmut Mehdorn den erneuten Skandal bei der Bahn um Mitarbeiterbespitzelung und illegalen Umgang mit Daten überleben kann. Trotz des immer wieder zu hörenden Lobs über die Bahn-Sanierung, die Mehdorn gelungen sei, rücken nun langsam auch Spitzenpolitiker der Großen Koalition von dem Bahn-Chef ab. Aus der SPD-Bundestagsfraktion hieß es bereits gegenüber der Frankfurter Rundschau, sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wäre es für die Bahn besser, wenn sie sich einen neuen Vorstandsvorsitzenden suchen würde. Auch Wolfgang Bosbach, Bundestagsfraktionsvize der Union, rechnet laut Focus damit, dass Mehdorn abgelöst wird, und bekommt dabei Unterstützung von seinem Parteikollegen Jürgen Rüttgers, stellvertretende CDU-Vorsitzende und NRW-Ministerpräsident: "Ich bin sicher, dass in den nächsten Stunden eine Lösung gefunden wird." Laut Tagesspiegel habe mittlerweile auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre "schützende Hand" von Mehdorn genommen.

Am heutigen Montag legte Mehdorn die Jahresbilanz der Deutschen Bahn vor, die trotz Wirtschaftskrise wieder recht gut ausgefallen ist. Allerdings stellt sich die Bahn auf harte Zeiten ein: "Uns bläst in diesen Tagen ein eisiger Wind ins Gesicht, von dem wir nicht wissen, ob er sich nicht zu einem Orkan auswächst", erklärte Mehdorn auf der Bilanzpressekonferenz nicht etwa unter Verweis auf die Datenaffäre, sondern bezugnehmend auf die Situation der Weltwirtschaft. Angesichts der bisher verbuchten wirtschaftlichen Erfolge Mehdorns hatte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bereits auf die Verdienste des Bahn-Chefs um den Konzern verwiesen: Er warne vor einer Vorverurteilung, sagte er in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin. "Der Mann hat auch Verdienste. Die Deutsche Bahn AG hat sich in den letzten drei, vier Jahren glänzend entwickelt, die sollte man bei einer solchen schwierigen Debatte auch nicht ganz vergessen", meinte Steinbrück. Die neu aufgekommenen Vorwürfe müssten sorgfältig geprüft werden, bevor personelle Konsequenzen gezogen werden könnten.

[Update]:
Inzwischen hat Hartmut Mehdorn in der Folge des erneuten Datenskandals seinen Rücktritt als Bahn-Chef angeboten. Er habe den Aufsichtsrat um die Auflösung seines Vertrages gebeten, sagte Mehdorn am Montag auf der Bilanzpressekonferenz. Er übernehme als Vorstandschef die Verantwortung für die Daten-Affäre. "Es handelt sich hier nicht um einen Daten-Skandal", erlärte Mehdorn. Es sei eine Kampagne gegen das Unternehmen, niemand bei der Bahn habe etwas Rechtswidriges getan. "Das alles wird letztlich die Untersuchung der Sondermittler auch bestätigen."

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(jk)