Beim Eurobot simulieren Roboter die Suche nach außerirdischem Leben

Bei der 11. Eurobot-Weltmeisterschaft in Heidelberg schicken Studenten aus 26 Ländern ihre selbst konstruierten Roboter in den Wettkampf.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Unter dem Titel "Mission to Mars" hat heute an der Fachhochschule Heidelberg die 11. Eurobot-Weltmeisterschaft begonnen. Bis Samstag werden 47 Teams aus 26 Ländern mit ihren selbst konstruierten Robotern auf simulierten, stark vereinfachten Planetenoberflächen nach Lebensspuren suchen. Wer in der vorgegebenen Zeit am meisten findet, hat gewonnen. Heute ermitteln die deutschen Teams, wer von ihnen um den Weltmeistertitel kämpfen darf. Das eigentliche WM-Turnier beginnt dann morgen.

Viele Probleme, mit denen reale Marsroboter konfrontiert sind, bleiben den Teilnehmern allerdings erspart. Während etwa beim NASA-Roboter Phoenix am kommenden Sonntag zunächst einmal die Landung in der nördlichen Permafrostregion des roten Planeten gelingen muss, bei der die Sonde innerhalb von sieben Minuten von 21.000 km/h auf 8 km/h abgebremst wird, müssen die Teams bei Eurobot ihre Roboter lediglich per Hand in einer farbig markierten Ecke des 2 × 3 Meter großen Spielfeldes postieren. Und für die Suche nach Leben sind weder Bohrungen noch chemische Untersuchungen erforderlich. Vielmehr geht es darum, innerhalb von 90 Sekunden möglichst viele farbige Bälle einzusammeln und in Containern abzulegen.

Eurobot ist offen für Teilnehmer unter 30 Jahren und startete im Jahr 1994 zunächst als französischer Wettbewerb unter anderem Namen. 1998 wurde er als internationaler Wettbewerb etabliert und im Jahr 2004 mit der Gründung der Eurobot Association auch institutionell auf eigene Füße gestellt. Deren gegenwärtiger Präsident Pierluigi Mormino konnte bei der Eröffnungszeremonie nicht ohne Stolz darauf verweisen, dass insgesamt 300 Teams an den Vorausscheidungen teilgenommen haben. In 12 Ländern seien nationale Qualifikationsturniere ausgetragen worden, da jedes Land maximal drei Teams zur Weltmeisterschaft schicken darf.

Die große Mehrzahl der Teilnehmer sind Studierende der Ingenieurwissenschaften, Informatik, Mathematik und Physik. Der Wettbewerb ist aber auch offen für Amateure, die an keine Institution angeschlossen sind. Teams aus nicht-europäischen Ländern können ebenfalls teilnehmen. Die zu bewältigende Aufgabe wird jeweils etwa acht Monate vor dem Turnier formuliert. In dieser Zeit müssen die Teams geeignete Roboter konstruieren, programmieren und testen.

Während des Wettkampfes geht es dann sehr schnell: Es stehen drei Minuten zur Verfügung, um die Roboter auf dem Spielfeld zu positionieren und einzuschalten, die dann innerhalb von 90 Sekunden völlig autonom farbige und weiße Plastikbälle einsammeln müssen. Für die Ablage der Bälle gibt es zwei Optionen: einen "gekühlten Container" und einen "Standardcontainer". Für Letzteren sind die weißen Bälle von Bedeutung. Sie symbolisieren Eis, das zur Kühlung der Proben dient. Wenn es den Robotern gelingt, farbige und weiße Bälle abwechselnd im Standardcontainer abzulegen, sodass die im Ernstfall hoch empfindlichen biologischen Proben gut konserviert sind, wirkt sich das in der Punktewertung positiv aus.

Umrahmt wird die Veranstaltung von einer wissenschaftlichen Konferenz, einer Ausstellung, Vorführungen anderer Wettbewerbe wie First Lego League oder RoboCup und einem Vortragsprogramm. Zur Eröffnung präsentierte Atsuo Takanishi von der Waseda University in Tokio heute Morgen beeindruckende Forschungen zu humanoiden Robotern, darunter den Roboter WF-4, der Querflöte spielen kann. Dafür wurden die Lippen mit drei und die Zunge mit einem Freiheitsgrad ausgestattet. Ein großes Problem, so Takanishi, sei es gewesen, ein geeignetes Material für die Lippen zu finden. Silikon habe sich als zu brüchig gezeigt. Mit dem Kunststoff Septon ließen sich bessere Ergebnisse erzielen, sodass WF-4 den "Hummelflug" von Rimsky-Korsakow spielen konnte und auch im Duett mit einer menschlichen Flötistin einen Wohlklang erzeugte.

Beginnend mit Wabot-1 wird seit 1973 an der Waseda University zu humanoiden Robotern geforscht, nicht nur zum zweibeinigen Gang, bei dem die Forscher ein besonderes Augenmerk auf die Beweglichkeit der Hüfte gelegt haben. Bemerkenswert ist auch der Roboterkopf EYE-Chan, dem zum Ausdruck von Emotionen 59 Freiheitsgrade zur Verfügung stehen. Takanishi gab zudem einige Einblicke in seine Forschungen zu Emotionen als Wahrnehmungsfilter, die er mit Hilfe geeigneter Gleichungen als dreidimensionale Vektoren abbildet.

Bei der Mimik bleibt Takanishi nicht stehen. In der WT Series sollen Roboter das Sprechen lernen – mit Hilfe künstlicher Stimmbänder, Zungen und Lippen. Auch hier stellt die Suche nach einem geeigneten weichen Material ein großes Problem dar. Weitere Vorträge werden sich in den kommenden Tagen vornehmlich mit dem Einsatz von Robotern zur Planetenerkundung, aber auch mit Mensch-Maschine-Schnittstellen befassen. (Hans-Arthur Marsiske) / (anm)