Bericht: 2,35 Milliarden US-Dollar über Kryptowährungs-Börse Binance gewaschen

Nordkoreas Hacker, russische Drogendealer, europäische Anlagebetrüger – sie alle sollen über die Kryptobörse Binance Geld gewaschen haben, schreibt Reuters.

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(Bild: Nadezda Murmakova/Shutterstock.com)

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Über die derzeit größte Kryptowährungsbörse Binance sollen Kriminelle von 2017 bis ins Jahr 2021 umgerechnet 2,35 Milliarden US-Dollar gewaschen haben, behauptet die Nachrichtenagentur Reuters in einem ausführlichen Bericht. Die Gelder stammten demnach aus Darknet-Drogenhandel, Hacks und Anlagebetrug. Die Kalkulation berufe sich auf Gerichtsdokumente, Aussagen von Ermittlern und Blockchaindaten, die von zwei Analysefirmen für Reuters erhoben worden seien. Binance wies die Darstellung in dem Bericht entschieden zurück und erklärte die Zahlen für übertrieben.

Umgerechnet 780 Millionen US-Dollar seien dabei auf Transaktionen von Käufern und Verkäufern des russischen Darknet-Marktplatzes Hydra zurückgegangen, schreibt Reuters. Die Drogengeldflüsse hätten erst abgenommen, als Binance im vergangenen August striktere Maßnahmen zur Identitätsprüfung eingeführt habe. Im April wurde Hydra vom Netz genommen, das BKA hatte die Server in Deutschland beschlagnahmt.

Ebenfalls hätten ab 2020 verstärkt Anlagebetrüger aus Europa Accounts bei Binance genutzt, um Gelder in Kryptowährungen zu tauschen und dann weiter zu transferieren. Die Gauner operierten dabei mit Fakeplattformen und Call-Centern, die traumhafte Gewinne versprächen, das eingesammelte Geld aber nicht anlegten.

So habe allein die Wiener Organisation European Funds Recovery Initiative, die Opfer von Anlagebetrug unterstütze, Reuters von 220 Beschwerden von Betrogenen berichtet, deren gestohlenes Geld in Kryptowährungen gewandert sei. Rund zwei Drittel davon, insgesamt 7,4 Millionen Euro seien über Binance gewandert, sagte demnach Elfi Sixt, Mitgründerin der Initiative. Versuche, gestohlenes Geld über Binance zurückzuerhalten, seien nie erfolgreich gewesen.

Darüber hinaus hätten auch die Cyberkriminellen der berüchtigten Lazarus Group ihre Beute etwa im Fall der 2020 gehackten slowakischen Börse Eterbase über Binance transferiert. Binance habe laut Reuters unzureichend auf Anfragen der slowakischen Polizei reagiert. Die Lazarus Group soll eine von mehreren Hackergruppen aus Nordkorea sein, die in mehreren Fällen Kryptogeld im Millionenwert für ihr Land erbeutet haben sollen.

Binances Beliebtheit für illegale Geldflüsse liege dem Bericht nach an laxen Kontrollen, vor allem in früheren Jahren: Die 2017 gegründete Börse habe anfangs erlaubt, sich nur mit einer E-Mail-Adresse anzumelden, und erst nach und nach strengere Maßnahmen für Identitätsprüfung bei Eröffnung eines Kontos eingeführt. Auch die Einführung von Prüfmaßnahmen sei nicht problemfrei verlaufen. So schreibt Reuters unter Berufung auf interne Chatprotokolle etwa von einem Fall, in dem sich ein Nutzer mit Einreichung einer Essensrechnung aus einem indischen Restaurant für sein Börsenkonto verifizieren konnte. Insgesamt sei der Fluss illegaler Gelder aber auch nur ein kleiner Teil des im Milliardenbereich liegenden Handelsvolumens von Binance.

Binance wehrt sich in einer Stellungnahme vehement gegen die Darstellung von Reuters. Der Bericht strotze vor Falschheiten und Schnellschlüssen, zudem sei die Datenlage dürr. Unter anderem habe Reuters auch Coins gezählt, die bereits über mehrere Adressen gelaufen hätten, bevor sie bei Binance gelandet seien. Dahinter könnten dann auch andere Besitzer stehen, die von der kriminellen Historie ihrer Coins gar nichts ahnten. Als Teil der Stellungnahme hat Binance auch den Mailwechsel mit einem Reuters-Reporter öffentlich gemacht, wohl um die eigene Kooperationsbereitschaft und die Nachlässigkeit der Gegenseite zu demonstrieren.

Wie zutreffend die Kalkulationen von Reuters sind, lässt sich schwer beurteilen. Ohnehin verlören aber zentrale und zunehmend regulierte Kryptowährungsbörsen auch langsam an Bedeutung für die Geldwäsche der Cyberganoven, wie eine Studie des Analysehauses Chainalysis Anfang des Jahres nahelegte. Stattdessen würden gerade technikaffinere Gauner zunehmend die unregulierten Börsen aus dem Defi-Bereich nutzen, bei denen der ganze Betrieb über Smart Contracts automatisch abgewickelt wird. Auch Mixing-Dienste, die Transaktionen vermischten, gewönnen an Bedeutung. Insgesamt mache Geldwäsche demnach 0,05 Prozent aller Transaktionen mit Bitcoin & Co. aus.

(axk)