Bericht: James Gosling wollte kein Java-Maskottchen sein

Lange Zeit hat sich Java-Erfinder nicht geäußert, was zu seinem Weggang von Oracle geführt hatte. Einem Bericht des US-Magazins eWeek zufolge gab es dafür neben pekuniären Argumenten vor allem auch Meinungsverschiedenheiten bei Goslings Rolle im Konzern.

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Von
  • Alexander Neumann

Java-Erfinder James Gosling zu Sun-Zeiten

Sicherlich ist der Moment nicht ganz unabsichtlich gewählt, dass sich Java-Erfinder James Gosling genau jetzt darüber äußert, warum er Anfang April Oracle verlassen hatte. Ein mit dem Magazin eWEEK geführtes Interview fand zeitgleich zur JavaOne statt, die erstmals von Oracle ausgerichtet wurde, nachdem der Konzern Sun Ende Januar endgültig übernehmen durfte. Als sich Gosling im Frühjahr verabschiedete, geschah das, ohne tiefer auf die Gründe einzugehen.

Ein halbes Jahr später hat sich die Lage geändert. Der Java-Erfinder bezieht spätestens seit Oracles Patentklage gegen Google vor einem Monat offen Stellung gegen seinen früheren Arbeitgeber und vertreibt unter anderem Agitations-T-Shirts für ein freies Java. Zu einem früheren Zeitpunkt ließ er durchsickern, dass er nicht an der JavaOne teilnehmen werde, aber Bars in der Nachbarschaft der Konferenz aufsuchen werde, um an interessanten Partys teilzunehmen.

Zur Trennung mit seinem Arbeitgeber hatten dem eWEEK-Beitrag zufolge mehrere Punkte den Ausschlag gegeben. Zwar hätte Oracle zum einen das von Sun gezahlte Grundgehalt übernommen, zum anderen wären ihm aber die Bonuszahlungen gestrichen worden, die Angestellte je nach Erfolg des Unternehmens erhielten. Die wären in mittelmäßigen Zeiten "OK" gewesen, in guten Jahren großartig ausgefallen. Auch hätte Oracle ihm keine vergleichbare Stellenbeschreibung geben können. Ein ihm unterbreitetes Angebot hatte ihn offenbar deutlich in seiner Stellung abgewertet.

Der hervorstechendste Punkt war aber wohl, dass Oracle ihn versucht habe zu kontrollieren. Durch die Übernahme Suns war der Konzern in die Rolle des Stammhalters der Java-Programmiersprache gelangt. Damit einhergehend "besaß" Oracle nun auch den Java-Schöpfer und sein geistiges Eigentum, weswegen es an dem Softwareriesen zu entscheiden lag, was Gosling oder andere über Java zu sagen hätten. Gosling hatte dadurch offenbar nur noch minimale Entscheidungsgewalt und sollte allein als Maskottchen bei öffentlichen Auftritten fungieren.

Mit Oracle-Chef Larry Ellison hatte Gosling nicht direkt zu tun gehabt. Er aber habe hinter fast jeder Entscheidung zu Java dessen Hand gespürt: "Er ist die Sorte von Mensch, die ihn zum Gruseln bringt", zitiert eWEEk den Java-Vater. Alle Leute mit Entscheidungsgewalt bei Sun seien bei der Honorierung aufs Kreuz gelegt worden. Ihre Job-Bezeichnungen mögen die gleichen sein, aber sie hätten keine Mittel mehr, irgendetwas zu entscheiden.

Um die Zukunft von Java macht sich Gosling wenig Sorgen. Die Sprache führe ein Eigenleben, auch könne Oracle sehr viel zerstören, wenn die Firma die Entwicklung der Sprache nicht gut behandle, da das meiste des Oracle-Geschäfts von Java abhängig sei. Für eine Zeit mag der Java-Weg jedoch voller Steine sein, da es sehr viel Arroganz auf Seiten Oracles gebe. (ane)