Bericht: Microsoft will das größte Werbenetzwerk des Internet aufbauen

Microsoft-Chef Steve Ballmer verteidigt in einem Memo an die Mitarbeiter die künftigen Investitionen seines Unternehmens.

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Eine unternehmensinterne Mitteilung des Microsoft-Chefs Steve Ballmer wird in US-amerikanischen Medien verbreitet, die dort als Beschwichtigung der Microsoft-Mitarbeiter, aber auch der Aktienhändler gedeutet wird, nachdem der Kurs der Microsoft-Aktie am Freitag auf ein Jahrestief fiel. Ballmer schreibt laut Seattle Times, der nach eigenen Angaben das dreieinhalbseitige Memo vorlag, 2007 sei ein wichtiges Jahr für die Firmenleitung. COO Kevin Turner und er verdoppelten ihre Bemühungen. Es sei nicht die Zeit, Ambitionen oder Investments zurückzuschrauben. Weiter drückte Ballmer seine Zuversicht in die geplanten Investitionen in verschiedene Bereiche wie Videospiele und das Online-Geschäft aus.

Höhere Investitionen und Kosten sind Gründe dafür, dass die von Microsoft am vergangenen Donnerstag bei der Vorlage der Zahlen für das dritte Geschäftsquartal vorgelegte Prognose für den Gesamtjahresgewinn unter den Analystenerwartungen lag. Nachdem daraufhin und aufgrund der Bilanz, die nicht den Erwartungen entsprach, der nachbörsliche Kurs der Microsoft-Aktie auf 25,54 US-Dollar fiel, erreichte er am Freitag im regulären Handel die 52-Wochen-Tiefstmarke von 24,15 US-Dollar. Die Analysten hatten bis Donnerstag wegen der kommenden Starts von Windows Vista und Office 2007 sowie dem damit vermutlich verbundenen Umsatzanschub mehr Optimismus im Sinn, als Microsoft in den 1,36 bis 1,41 US-Dollar prognostizierten Jahresgewinn je Aktie auszudrücken gewillt war.

Der Tageskursverlust von 11 Prozent am Freitag war der höchste seit sechs Jahren. Er hat dazu geführt, dass der russische Erdgaskonzern Gazprom Microsoft in der Liste der größten Unternehmen nach Marktkapitalisierung (Aktienkurs multipliziert mit der gesamten Aktienzahl) gerechnet vom dritten Platz verdrängt hat, wie Bloomberg Ende vergangener Woche schrieb.

Gestern konnte sich die Microsoft-Aktie leicht auf 24,29 US-Dollar erholen. Ein Effekt, der durch die "versehentliche" Veröffentlichung des Ballmer-Memos beabsichtigt gewesen sein mag. Jedenfalls meinte ein von der Seattle Times zitierter Analyst, es sei eine lange Tradition im Hause Microsoft, strategische Anmerkungen aus der Führungsetage an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen. Am Donnerstag wollte sich die Konzernleitung noch nicht konkret darüber auslassen, wofür die Investitionssumme von 2 Milliarden US-Dollar verwendet werden soll. Einige Analysten bezweifeln angesichts der Konkurrenz aber auch noch nach Bekanntwerden von Ballmers Erläuterungen, Microsoft könne ähnlich profitabel arbeiten und in gleichem Maße wachsen wie noch zu seinen Blütezeiten. Andere betonen, Microsoft habe sich früher bereits dabei bewährt, einen Vorsprung eines anderen Unternehmens einzuholen.

"Unsere Chancen sind so groß wie noch nie", schreibt Ballmer laut dem Bericht, "doch sind wir auch konfrontiert mit neuen Konkurrenten, einem sich schnell bewegenden Markt und neuen Kundenwünschen." Microsoft wolle zunächst durch die Veröffentlichung von Windows Vista und Office 2007 wachsen – die größten Starts in der Unternehmensgeschichte, für die erhebliche Marketing- und andere Kosten anfallen würden. Auf diese neuen Produkte müsse Microsoft aufbauen, um in anderen Bereichen wie Server, Geschäftsmanagement, Hochleistungscomputing und in Entwicklungsländern voranzukommen.

Ein großer Teil der Investitionen werden laut Ballmer auf die Bereiche Internet-Suche, Werbung und Datenspeicherung als Teile der im Aufbau befindlichen "Live"-Dienste entfallen. "Unser Ziel ist es, das größte Werbe-Netzwerk im Internet aufzubauen", wird Ballmer weiter zitiert. Damit könne Microsoft seine neuen Dienste profitabel machen und ein Werkzeug an die Hand bekommen, mit dem das Unternehmen mit Google konkurrieren könne. Das seien langfristig gesteckte Ziele, die nicht sofort Erfolge zeitigen würden. Einen kleinen Erfolg können die Redmonder hingegen schon vorweisen, nachdem sich der Online-Einzelhändler Amazon.com dazu entschlossen hat, künftig statt auf Suchtechnik von Google auf jene aus dem Hause Microsoft zu setzen.

Die Produktionskosten für die Xbox 360 seien höher als erwartet ausgefallen, schreibt Ballmer demnach weiter, gleichzeitig habe sich das Unternehmen dafür entschieden, so viele Konsolen wie möglich herzustellen und zu verkaufen, um den Vorsprung gegenüber der Konkurrenz auszunutzen auf dem Weg, zur Nummer eins auf diesem Markt zu werden. Microsoft hatte sein Verkaufsziel bei der Xbox 360 vor Kurzem erhöht. Damit könnte der Konzern zumindest bei den Spielkonsolen der neuen Generation seinen Abstand zu Sony vergrößern, bevor die Japaner mit ihrer Playstation 3 im November auf den Markt kommen. (anw)