Bericht: Schweiz plant "Echtzeit-Überwachung" des Internetverkehrs von Verdächtigen
Ab dem 1. August müssen laut einem Zeitungsbericht Provider dafür sorgen, den Internetverkehr von verdächtigen Personen direkt an die Ermittlungsbehörden weiterleiten zu können, wenn ein Strafverfahren eröffnet wurde.
Die Schweizer Regierung plant laut einem Zeitungsbericht die vollständige Überwachung des Internetverkehrs von verdächtigen Personen. Die überregionale Zeitung der Deutschschweiz Wochenzeitung berichtet, ab dem 1. August müssen Internetprovider zur "Echtzeit-Überwachung" in der Lage sein. Das gehe aus vertraulichen Dokumenten hervor, die der Zeitung vorliegen. Demnach solle künftig das gesamte Surfverhalten einer Person abgefangen werden können, wenn ein Strafverfahren eröffnet worden sei. Konkret heißt es in dem Bericht: "Der Staat liest Diskussionen in Chats oder Einträge in Foren mit, hört bei Gesprächen über Dienste wie Skype mit oder guckt zu, sobald die Person eine Webcam aktiviert."
Das Justizministerium meint laut dem Bericht, das Bundesgesetz zur "Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs" reiche als Rechtsgrundlage aus. Demnach liefern die Provider "den Fernmeldeverkehr der überwachten Person soweit möglich in Echtzeit". Für die neue Überwachungsmethode sei weder das Gesetz noch die entsprechende Verordnung überarbeitet, sondern es seien lediglich eine "IP-Richtlinie" und dazugehörige organisatorische und technische Regelungen erlassen worden. Dazu habe es eine "vertrauliche Vernehmlassung" (PDF-Datei) der Provider gegeben; diese hätten zur Antwort statt wie üblich drei Monate nur drei Wochen Zeit bis zum 30. Juni gehabt. Bis Ende Juni 2010 sollen demnach alle Provider technisch aufgerüstet haben. Die dadurch entstehenden Kosten müssten sie zunächst selbst aufbringen; wenn der Staat dann einmal Daten eines Kunden abruft, bekomme der Provider eine Entschädigung.
Die Schweizer Sonntagszeitung hatte vor drei Jahren über Pläne zu dem Vorhaben berichtet. Seinerzeit hieß es, 2009 sollten sie realisiert werden – offenbar ist es nun so weit. Seit 2002 sind Provider in der Schweiz zum Vorhalten von Verbindungsdaten über sechs Monate verpflichtet. Laut Wochenzeitung unterstützte das Schweizer Parlament 2006 eine Motion von FDP-Ständerat Rolf Schweiger, der forderte, die Aufbewahrungsfrist für diese Verbindungsdaten auf ein Jahr zu verlängern. Schweiger habe das mit der Bekämpfung von Kinderpornografie begründet. Ende 2008 lehnte der Schweizer Nationalrat eine präventive Überwachung von Terrorverdächtigen und Online-Durchsuchung von Computern durch den Staatsschutz ab. (anw)