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Berlin: Parteien kennen sich mit freier Software aus

Dr. Oliver Diedrich

Die Free Software Foundation Europe (FSFE) hat die bei der Berliner Landtagswahl antretenden Parteien nach ihrer Position zu freier Software befragt.

Die Free Software Foundation Europe (FSFE [1]) hat die bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl antretenden Parteien nach ihrer Position zu freier Software befragt und die Antworten jetzt online gestellt [2]. Während sich die CDU auf Allgemeinplätze wie "Die IT-Industrie muss strategisch entwickelt werden" beschränkt und die Rentnerinnen und Rentner Partei darauf verweist, dass die eigene Homepage mit freier Software läuft, lassen die Antworten der anderen Parteien durchaus Sachkenntnis erkennen.

FDP, Grüne, Linke, Partei Mensch Umwelt Tierschutz, Piraten und SPD möchten freie Software fördern und treten für den Einsatz offener Standards ein. Auch die freien Wähler stehen offenen Standards positiv gegenüber, sehen in der Förderung freier Software jedoch eine vorschnelle ideologische Festlegung. Die FDP, die Grünen, die Linke und die SPD wollen die Abhängigkeit von proprietären Herstellern vermindern; die Partei Mensch Umwelt Tierschutz und die Piratenpartei wollen, dass jede für das Land Berlin erstellte Software unter einer Open-Source-Lizenz veröffentlicht wird, um Abhängigkeiten zu vermindern. Die freien Wähler hingegen wollen die Abhängigkeit von einem Anbieter gegen die Sicherheit abwägen, die große kommerzielle Hersteller bieten.

Alle Parteien sind sich einig, dass in Schulen freie Software zumindest bei der Vermittlung von Grundlagenwissen und allgemeinen Fertigkeiten wie Maschinenschreiben eingesetzt werden sollte. FDP, freie Wähler und die Partei Mensch Umwelt Tierschutz weisen allerdings darauf hin, dass im Berufsleben häufig Kenntnisse in speziellen Anwendungen gefragt sind. Die Grünen betonen die weitgehende Freiheit der Schulen, was die Auswahl von Softwareprodukten für die Unterrichtsgestaltung angeht. Die SPD antwortet auf die Frage nach der Förderung freier Software in Bildungseinrichtungen etwas zusammenhangslos mit Überlegungen zur Medienkompetenz und der "Vermittlung von der Idee und die Nutzung von Open-Data".

Auch in der Ablehnung von Software-Patenten sind sich alle Parteien einig, wobei das Spektrum von einer in Details unentschiedenen Haltung bei den freien Wählern bis zu kategorischer Ablehnung (Grüne, Linke, Piraten) reicht. Die SPD weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass "die diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen nicht Landessache" seien.

Matthias Kirschner, Deutschlandkoordinator der FSFE, zeigte sich erfreut über die Sachkenntnis der Berliner Parteien. "Insbesondere die Berliner FDP, Grüne und SPD glänzen gegenüber ihren anderen Landesverbänden", erklärte Kischner. "Leider enttäuscht die CDU erneut mit einer nichts sagenden Antwort." Die FSFE freue sich, dass die Parteien die wirtschaftlichen Vorteile freier Software mittlerweile besser verstehen würden.

In der ersten Version dieses Artikels fehlten noch die Aussagen der Linken, die verspätet bei der FSFE eingingen. (odi [3])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-1341612

Links in diesem Artikel:
[1] http://www.fsfe.org
[2] http://fsfe.org/campaigns/askyourcandidates/201109-germany-berlin.de.html
[3] mailto:odi@ix.de