Beseitigung von Weltraumschrott: Zielobjekt der ESA-Mission selbst getroffen

In wenigen Jahren soll für die ESA erstmals ein Stück Weltraumschrott aus dem All geholt werden. Nun wurde das Objekt selbst von Weltraumschrott getroffen.

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Satellit mit Greifarmen greift anderen Satelliten

So soll die Raketenstufe eingefangen werden

(Bild: ClearSpace)

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Ein großes Stück Weltraummüll, das als erstes aus der Erdumlaufbahn entfernt werden soll, wurde jetzt offenbar selbst von Weltraumschrott getroffen. Dabei sind mehrere Fragmente herausgeschlagen worden, insgesamt ist das Objekt aber offenbar weitgehend heil geblieben. Das hat die Europäische Weltraumagentur ESA mitgeteilt, die gegenwärtig die Mission ClearSpace-1 vorbereitet, um das Problem Weltraummüll anzugehen. Dabei soll der obere Teil einer 2013 gestarteten europäischen Vespa-Rakete im All eingesammelt und dazu gebracht werden, in der Erdatmosphäre zu verglühen. Genau dieser Satellit wurde jetzt selbst von Weltraumschrott getroffen.

Bemerkt wurde die Kollision laut der ESA von der Raumfahrtabteilung der US-Streitkräfte, die kontinuierlich Bahndaten zu allen Objekten im Erdorbit sammelt. Vor wenigen Tagen sei man informiert wurden, dass die Space Force neue Objekte in der direkten Umgebung der Vespa-Stufe entdeckt hat. Die hat eine Masse von 113 kg und einen Durchmesser von etwa zwei Metern. Aufgrund der bislang verfügbaren Daten gehe man davon aus, dass ein unbekanntes kleines Objekt für die Entstehung der Fragmente mit niedriger Energie gesorgt habe. Das Kollisionsrisiko sei zu vernachlässigen, die Raketenstufe offenbar intakt und auf einer identischen Bahn unterwegs.

Während die Objekte jetzt weiter beobachtet werden, sollen die Vorbereitungen für ClearSpace-1 planmäßig weitergehen. Eine komplette Analyse werde noch Wochen brauchen. Das Ereignis unterstreiche aber, wie drängend das Problem Weltraumschrott und wie wichtig die Mission ist, schreibt die ESA. Die größte Gefahr, die von größeren Objekten in der Erdumlaufbahn ausgehe, sei jene, dass sie in kleinere Objekte zerschlagen werden, von denen jedes einzelne Schäden an weiteren Satelliten anrichten kann. Deshalb müsse die Menge an Weltraumschrott dringend reduziert werden, fordert die Weltraumagentur.

Die ESA hat den ersten Auftrag zur Beseitigung von Weltraumschrott aus dem Orbit 2020 an das Schweizer Unternehmen ClearSpace vergeben. Das Start-up soll dafür das Raketenstück einsammeln und entsorgen. Mit der Beauftragung eines privaten Unternehmens wollte die ESA auch dazu beitragen, dass sich aus dieser Müllbeseitigung ein neuer Bereich der kommerziellen Raumfahrtindustrie entwickelt. Weil es im Erdorbit immer voller wird, gibt es inzwischen immer mehr Überlegungen dazu, wie man dort aufräumen kann. Dazu wird aktuell an verschiedenen Konzepten gearbeitet, ClearSpace gehört zu den Vorreitern. Geplant ist die Mission für 2026.

Weltraumschrott ist für die Raumfahrt ein wachsendes Problem. Trümmer und inaktive Satelliten rasen mit immensen Geschwindigkeiten um die Erde. Schon kleinste Teile könnten bei einer Kollision andere Satelliten zerstören und dabei wiederum neue Trümmer erschaffen. Dadurch kann schlimmstenfalls eine Kettenreaktion ausgelöst werden, bei der komplette Bahnen im Erdorbit leer gefegt werden, die dortigen Satelliten also zerstört werden. Zuletzt waren solche Kollisionen von Weltraumschrott mit womöglich katastrophalen Folgen mehrfach offenbar nur äußerst knapp ausgeblieben.

(mho)