Besiedlung des Weltraums: Stadt in einem Asteroiden mit Trick technisch möglich

Sollte die Menschheit das All besiedeln, hätten Asteroiden gleich mehrere Vorteile. Theoretisch wären Siedlungen dort möglich, zeigt eine Forschungsarbeit.

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Darstellung des Konzepts

(Bild: University of Rochester illustration / Michael Osadciw)

Lesezeit: 4 Min.

Ein Forschungsteam aus den USA hat ein Konzept entwickelt, um die Besiedlung von Asteroiden zu ermöglichen, wie sie bislang nur in der Science-Fiction möglich ist. Denn während die Himmelskörper dort oft einfach in Rotation versetzt werden, um die nötige Schwerkraft für eine Besiedlung zu liefern, würden sie das in der Realität nicht überstehen, weil sie dafür nicht fest genug sind.

Genau hier setzt das Konzept der Forschenden an: Es sieht vor, den zu besiedelnden Asteroiden in eine Art Netz zu hüllen. Wenn der dann in Drehung versetzt wird, werden die Bestandteile nach außen gedrückt und spannen eine Art Ring auf. Auf der Innenseite könnte dann vor der Strahlung geschützt eine Siedlung aufgebaut werden.

Wie das Team um Peter Miklavčič von der Universität Rochester jetzt erläutert, wurde die Arbeit während der Coronapandemie begonnen, auch als Ablenkung von der damit verbundenen Stresssituation. Ziel sei es gewesen, die Realisierbarkeit sogenannter O’Neill-Zylinder zu prüfen. Dabei handelt es sich um ein vor 50 Jahren im Auftrag der NASA entworfenes Konzept für eine Siedlung im Weltraum. Im Innern zweier gegenläufiger Zylinder soll dabei genug Schwerkraft erzeugt werden, damit Menschen dort beschwerdefrei leben können. Umgesetzt würde das aussehen wie die Raumstation Babylon 5 in der gleichnamigen Fernsehserie.

Miklavčič hat jetzt herausgefunden, wie sich das bei Asteroiden realisieren ließe, obwohl diese eigentlich zu instabil für die Rotation sind. Asteroiden haben aber den Vorteil, dass es davon genug gibt und sie gleich das nötige Baumaterial liefern, um eine Siedlung zu errichten.

Das Gestein ist außerdem hilfreich als Schutz vor der gefährlichen Strahlung im All, weswegen es schon länger Konzepte für Höhlensiedlungen gibt. "All diese fliegenden Berge, die um die Sonne kreisen, könnten einen schnelleren, billigeren und effektiveren Weg zu Weltraumstädten bieten", fasst Adam Frank zusammen, der an der Arbeit beteiligt war.

Der größte Nachteil ist, dass das Gestein, aus dem Asteroiden bestehen, nicht stabil genug ist, um die Rotation zu überstehen. Würde einer in Drehung versetzt, würde er einfach zersplittern und zerbrechen. Andere bestehen noch nicht einmal aus Gestein, sondern nur Geröll. Um trotzdem damit arbeiten zu können, sollten die Himmelskörper vorher in eine "riesige flexible Tasche" gehüllt werden, schreibt das Team. Aus Kohlenstoff-Nanofasern hergestellt, könnte diese sowohl leicht als auch stark genug sein. Sobald der Himmelskörper dann in Rotation versetzt wird, würde das Asteroidenmaterial von innen gegen das Netz gedrückt und es aufspannen. Auf der Innenseite könnte dann eine Siedlung entstehen.

Die entstehende Schicht aus Asteroidenmaterial wäre dick genug, um Menschen im Inneren vor kosmischer Strahlung zu schützen, schreibt das Team. Den Berechnungen zufolge könnte so aus einem Asteroiden mit 300 m Durchmesser ein zylindrischer Lebensraum mit einer Fläche von 22 km² entstehen – etwa so groß wie Manhattan. Natürlich sei das alles sehr futuristisch und theoretisch, gestehen sie ein. Aber sie hätten bewiesen, dass so etwas nicht gegen grundlegende Gesetze der Physik verstößt.

Noch erscheine die Idee zwar sehr fern, aber im Jahr 1900 ist auch noch niemand mit einem Flugzeug geflogen und jetzt sei das eine völlig normale Fortbewegungsart: "Weltraumstädte mögen wie Fantasie erscheinen, aber die Geschichte zeigt, dass ein Jahrhundert Fortschritt unmögliche Dinge möglich machen kann", sagt Frank. Der Fachartikel dazu ist in Frontiers in Astronomy and Space Sciences erschienen.

(mho)