Bill Gates sucht nach einem gerechten Kapitalismus
Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos wird heute Bill Gates eine Rede halten. Darin wird er laut "Wall Street Journal" anregen, dass Unternehmen staatliche Anreize dafür bekommen sollen, um den Armen zu helfen.
Microsoft-Mitgründer Bill Gates ist mit dem gegenwärtigen wirtschaftlichen Zustand der Welt nicht zufrieden. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos will er daher heute dafür plädieren, einen Weg zu finden, auf dem der Kapitalismus ärmeren Menschen ebenso zugute kommt wie heute schon den besser gestellten. Das zitiert das Wall Street Journal aus dem Redemanuskript, das der Zeitung nach eigenen Angaben vorliegt. Seine Ansprache A New Approach to Capitalism in the 21st Century wird heute ab 18:20 über die Website des Weltwirtschaftsforums übertragen.
Von den Fortschritten in der Technik, im Gesundheitswesen und in der Bildung profitiere in erster Linie das ohnehin schon reiche Drittel der Menschheit, während sie an den ärmsten zwei Milliarden vorübergingen. Um dies zu ändern, will Gates laut dem Bericht vorschlagen, dass sich herkömmliche Unternehmen auch um die Belange der Ärmsten kümmern und dafür vom Staat finanzielle Anreize bekommen. Es müsse für Unternehmen eine Möglichkeit gefunden werden, wie diese den Armen helfen und dabei gleichzeitig profitabel arbeiten können.
Um seine Ausführungen zu untermauern, werde Gates in seiner Rede aus der Theorie der ethischen Gefühle des schottischen Philosophen Adam Smith zitieren, schreibt das Wall Street Journal. Dabei wolle Gates herausstellen, dass die Menschen zu ihrem eigenen Vorteil ein Interesse am Wohlergehen der anderen Menschen hätten. Während Gates von diesem und von Personen wie dem Friedensnobelpreisträger Mohammed Yunus, Gründer der Grameen-Bank inspiriert sei, richte sich sein Widerstand gegen Theorien wie die des Ökonomen William Easterly.
Easterly behauptet beispielsweise in seinem Buch The White Man's Burden: Why the West's Efforts to Aid the Rest Have Done So Much Ill and So Little Good, dass die in den vergangenen 50 Jahren geleistete Entwicklungshilfe in Höhe von 2,3 Billionen Dollar keine entscheidende Verbesserung der Situation der Armen gebracht habe. Gates verabscheue dieses Buch, schreibt das Wall Street Journal, und das habe er während einer Diskussionsrunde in Davos vor einem Jahr gegenüber Easterly auch zum Ausdruck gebracht. Fortschritte seien nicht allein anhand des Wirtschaftswachstums zu ermessen, sondern auch an anderen Entwicklungen wie Alphabetisierung oder Steigerung der Lebenserwartung. Das Leben als solches habe bereits einen Wert, meinte Gates.
Der Multimilliardär hatte im Juni 2007 in einer Rede anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Harvard bereits davon gesprochen, dass Ungleichheiten zu beseitigen "die größte Errungenschaft der Menschheit" sei. Seinerzeit warf er das Motto vom "schöpferischen Kapitalismus" in den Raum, ohne allerdings eine konkrete Vorstellung darüber zu haben. Um diese zu gewinnen, habe er den heute anstehenden Vortrag für das Forum in Davos ausgearbeitet, schreibt das Wall Street Journal. (anw)