Bit-Rauschen: 2-Nanometer-Chip, neue CPU-Lücke und OpenCL schwächelt

IBM hat zwar keine Halbleiter­fertigung mehr, entwickelt die Technik aber weiter und demon­striert einen 2-Nanometer-Testchip.

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Entwicklerteams von IBM Research in Albany (New York) haben auf einer Pilotanlage den angeblich weltweit ersten Testchip mit 2-Nanometer-Technik gefertigt. Die 2-Nanometer-Serienfertigung dürfte allerdings wohl frühestens im Jahr 2025 anlaufen. Dann sollen im Idealfall mehr als 330 Millionen Transistoren auf nur einen Quadratmillimeter Siliziumfläche passen.

Das wären über 50 Prozent mehr als bei Chips wie Apple M1 und Qualcomm Snapdragon 888 aus der bisher fortschrittlichsten Fertigungstechnik, dem 5-Nanometer-Verfahren von TSMC. Allerdings wird zwischen der 5- und der 2-Nanometer-Fertigungstechnik noch die 3-Nanometer-Technik kommen, insofern ist der von IBM gezogene Vergleich etwas schief.

2025 könnte die Fertigung von 2-Nanometer-Chips anlaufen, die mit "Nanosheet"-Transistoren arbeiten. Deren leitende Kanäle (oben im Bild im Querschnitt zu sehen) sind rundum von der Gate-Elektrode umgeben.

(Bild: IBM Research)

IBM hat mit der 2-Nanometer-Technik neuartige Feldeffekttransistoren (FETs) hergestellt, sogenannte Nanosheet-FETs. Bei denen teilt sich der leitende Kanal in mehrere feinere Blättchen (Sheets) auf, die allseits von der Gate-Elektrode umgeben sind. Nanosheet-Transistoren sind eine Variante der Gate-All-Around-(GAA-)FETs, die etwa auch Intel und TSMC für die 3- und 2-Nanometer-Fertigung entwickeln. Sie sollen dann die bisherigen FinFETs ablösen, deren leitender Kanal die Form einer oder mehrerer Finnen hat.

Weil IBM keine eigene Serienfertigung mehr betreibt, werden wohl Kooperationspartner wie Samsung und möglicherweise auch Intel die Nanosheet-Technik als Auftragsfertiger anbieten. Die Kooperation zwischen IBM und Intel ist neu. Mit Globalfoundries arbeitet IBM hingegen schon lange zusammen, aber Globalfoundries hat bisher keine Pläne, feinere Strukturen als 12 Nanometer zu fertigen. Am Standort Dresden produziert Globalfoundries minimal 22-Nanometer-Strukturen, nämlich auf Silicon-on-Insulator-(SOI-)Wafern; die Technik heißt dort 22FDX.

Amerikanische Forscher haben eine Sicherheitslücke aufgedeckt, die x86-Prozessoren von AMD und Intel und potenziell auch ARM-Chips betrifft. Ähnlich wie bei Spectre nutzen sie einen Seitenkanal: Um an vermeintlich geschützte Daten von anderen laufenden Threads heranzukommen, manipulieren sie den Micro-Op-Cache. Dieser Pufferspeicher sitzt ganz dicht an den Rechenwerken, ist mit einigen Tausend bereits dekodierter Mikrooperationen befüllt, genannt Micro-Ops (µOps/uOps). Dadurch steigt die Rechenleistung aktueller Prozessoren ganz erheblich, weshalb Schutzmaßnahmen gegen die neue Sicherheitslücke die Performance wiederum deutlich mindern könnten. Allerdings ist der Seitenkanalangriff, den das Forscherteam etwas dramatisch „I see dead µOps“ taufte, recht kompliziert und wurde bisher nicht in die Datenbank der Common Vulnerabilities and Exposures (CVEs) aufgenommen. Das deutet darauf hin, dass er als wenig bedrohlich eingeschätzt wird; er dürfte vor allem für Attacken auf Cloud-Server attraktiv sein und das Sicherheitsrisiko bei typischen Desktop-PCs und Notebooks nicht wesentlich steigern.

Die Programmierschnittstelle OpenCL, mit der sich etwa Grafikprozessoren als Rechenbeschleuniger einbinden lassen, gerät in Bedrängnis. Zwar erschien die erste Version schon 2008 und erst im Herbst 2020 verabschiedete das Standardisierungsgremium in der Khronos Group noch OpenCL 3.0. Apple hat die Technik jedoch mit einem Sicherheitsupdate für macOS 10.15 (Catalina) stillgelegt. Auf Macs soll man stattdessen gefälligst das Metal-API nutzen beziehungsweise Befehle aus Apples „Accelerate“-Framework. Nvidia als dominierender Verkäufer von Rechenbeschleunigern pflegt höchst erfolgreich das hauseigene CUDA(-X) und zeigt recht wenig Interesse an OpenCL. So bleiben als OpenCL-Befürworter vor allem AMD und Intel übrig. Doch Intel schmiedet mit OneAPI ein eigenes Eisen und mit SYCL gibt es ein weiteres Programmiermodell. Diese API-Fragmentierung dürfte Entwickler abschrecken, die ihre Software mit Rechenbeschleunigern auf Trab bringen wollen. Das wiederum bremst die Verbreitung von Apps, die die zahlreichen Spezialfunktionen moderner Prozessoren ausreizen.

An Lieferengpässe und daraus folgende Mondpreise von Halbleitern hat man sich schon zähneknirschend gewöhnt. Anfang Mai wurden nun Festplatten mit hoher Kapazität ab etwa 10 TByte deutlich teurer. Ursache ist vermutlich der Handelsstart der Kryptowährung Chia, deren "Proof of Space"-Schürfprozess viel Speicherplatz belegt. Letzteres ist wohl gut gemeint und soll im Vergleich zum stromfressenden Mining etwa von Bitcoin und Ethereum weniger Ressourcen fressen – aber braucht die Welt wirklich noch mehr Kryptowährungen?

Das Bit-Rauschen gibt es auch als Podcast.

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(ciw)