Bit-Rauschen: AMD im Höhenrausch, Intel auf Abwärtskurs, x86 für China

AMD schafft ein Rekordquartal und kauft den FPGA-Marktführer Xilinx. Intels Aktienkurs sackt nach schlechten Zahlen ab und VIA verkauft x86-Technik nach China.

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AMD-Chefin Lisa Su hat ihren Laden gut im Griff: Der Umsatz im dritten Quartal 2020 wuchs deutlich auf fast drei Milliarden US-Dollar. Den dadurch steigenden Aktienkurs nutzt AMD, um sich den FPGA-Marktführer Xilinx einzuverleiben. Zwar schwächte diese Ankündigung den Aktienkurs wieder ein wenig, aber längst nicht so stark wie bei Intel, wo er nach Bekanntgabe der eigentlich ordentlichen Quartalszahlen um mehr als zehn Prozent in den Keller rauschte. Doch die neuen AMD Ryzen 5000 mit Zen 3 versenken Intels Core-i-Flotte für Desktop-PCs, deren Umsätze schrumpfen. Nur bei Notebooks läuft es für Intel noch ganz gut, hier kommt Tiger Lake in Fahrt.

Daher legte Intels Client-Computing-Sparte auch leicht zu, während die Servertechnik abrutschte – statt über 50 Prozent wie noch zu Jahresbeginn entfielen im dritten Quartal nur noch etwa 46 Prozent des Intel-Umsatzes auf "Data-Centric Products" wie Xeons, Optane-Speicher und Netzwerkchips. Dabei zählt Intel hier sogar IoT-Produkte mit. Aber wenn dort seit 2016 keine wirklich neuen Chips kommen – der 10-Nanometer-Atom x6000E lief gerade erst vom Stapel –, dann sinkt eben auch die Kauflust.

Auch auf quälende Fragen zu verspäteten Produkten weiß Intel keine überzeugenden Antworten. Der erste Xeon-SP mit 10-Nanometer-Technik "Ice Lake" kommt nun wohl erst Anfang 2021. Als Pausenfüller avisierte Intel schon ein paar Sicherheitsfunktionen, stiftete dabei aber neue Verwirrung. Und beim 7-Nanometer-Rechenbeschleuniger Ponte Vecchio drohen Verzögerungen, die zur Verspätung des Exaflops-Supercomputers Aurora führen. Statt Prestige beschert dieses 500-Millionen-US-Dollar-Projekt Intel somit neue Sorgen. Und AMD kann darauf hoffen, das Hase-und-Igel-Spiel auch bei Supercomputern zu gewinnen, hat man doch heiße Eisen wie Frontier und El Capitan im Feuer.

Intel Outside: In der Fritzbox 7590 steckt der Chip GRX500 der von Intel erst 2015 gekauften Firma Lantiq, die nun an MaxLinear geht.

Das europäische EuroHPC-Projekt kauft jedenfalls (auch) bei AMD, Ende 2021 soll im finnischen Kajaani der 375 PFlops starke Lumi mit Epyc-Prozessoren und Radeon-Instinct-Beschleunigerkarten loslegen. Mit dem Xilinx-Zukauf will AMD die Serversparte weiter stärken, so wie es auch Intels Ziel bei der Altera-Übernahme war. Nvidia wiederum hatte ja zuerst Mellanox und dann ARM geschluckt.

Bei Intel stehen die Zeichen unterdessen auf Verkauf: Die SSD-Sparte geht an SK Hynix und schon im Frühjahr hatte man die erst 2015 mit dem Lantiq-Zukauf geschaffene Abteilung für Smart Home Gateways an MaxLinear abgegeben. Die Zeiten von "Intel inside" in der Fritzbox sind also bald wieder vorbei, in einigen aktuellen AVM-Routern stecken nämlich die AnyWAN-Chips von Lantiq/Intel.

Der taiwanische x86-Prozessorhersteller VIA Technology verkauft einen Teil seines x86-Wissens an Zhaoxin im chinesischen Shanghai. VIA ist mit knapp 15 Prozent an Zhaoxin beteiligt, den Rest hält eine staatliche chinesische Beteiligungsfirma. Die Mikroarchitektur der Zhaoxin-KaiXian-Prozessoren wie dem KX-U6780A stammt letztlich von der texanischen Firma Centaur, die VIA 1999 gekauft hat. Offen bleibt, ob auch der jüngste Centaur-Entwurf in China landet, das Ende 2019 angekündigte CHA-SoC für Server mit acht AVX-512-tauglichen x86-Kernen und eingebautem "NCore"-Beschleuniger für KI-Inferencing.

Zhaoxin lässt die aktuellen KaiXian-Chips bisher in Taiwan von TSMC mit 16-Nanometer-Technik fertigen; doch der Druck der US-Regierung auf Zulieferer für chinesische Firmen wächst. Möglicherweise kann Zhaoxin auf die inländische 14-Nanometer-Technik des chinesischen Auftragsfertigers SMIC wechseln.

US-Präsident Donald Trump persönlich macht sich für die "Heimholung" von Hardware-Fabriken aus Asien in die USA stark. Als achtes Weltwunder bezeichnete Trump eine Fab, die der weltgrößte Auftragsfertiger Foxconn derzeit in Wisconsin baut. Die US-Publikation The Verge berichtet nun aber über haarsträubende Zustände dort: Den Plan, dort Fernsehgeräte zu fertigen, habe Foxconn mangels Wirtschaftlichkeit längst beerdigt.

Ein Streit um Lizenzgebühren für den Videocodec H.264 alias MPEG-4/AVC hat für Lenovo teure Folgen: Patentinhaber Nokia hat vor dem Landgericht München eine einstweilige Verfügung gegen Lenovo erwirkt. Am 22. Oktober stellte Lenovo daher in Deutschland den Verkauf der meisten Produkte über die eigene Webseite ein: Bis man sich mit Nokia einigt, gibt es dort keinerlei Geräte mit Grafikprozessor und darin eingebautem H.264-Decoder (oder Encoder) mehr. Das trifft sämtliche Notebooks, Desktop-PCs, Workstations und Tablets, aber nicht die Lenovo-Tochtermarken Medion und Motorola. Solche Streitigkeiten sind Wasser auf die Mühlen lizenzfreier Codecs wie AV1.

Dieser Artikel stammt aus c’t 24/2020.

(ciw)