Bit-Rauschen: AMD kauft den KI-Server-Hersteller ZT Systems

AMD will stärker vom KI-Hype profitieren. Der Bau der taiwanisch-europäischen Chipfabrik ESMC beginnt. CPU-Hersteller leisten sich auffällig viele Pannen.

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Mit 5 Milliarden Euro im virtuellen Koffer reiste Bundeskanzler Olaf Scholz am 20. August ins Industriegebiet Dresden-Klotzsche, auch Ursula von der Leyen gab sich die Ehre. Dort feierten nämlich die Joint-Venture-Partner TSMC, Bosch, Infineon und NXP den ersten Spatenstich für ihre ESMC-Fab, die 2027 loslegen soll. Darüber freute sich auch Silicon-Saxony-Chef Frank Bösenberg, der sich tags zuvor noch mächtig ärgerte: Da kursierten Meldungen, laut denen die geplante Intel-Fab in Magdeburg vor dem Scheitern stehe. Hintergrund war aber bloß eine Antwort der sachsen-anhaltinischen Landesregierung auf eine Große Anfrage der Linksfraktion: Ja, man habe einen Plan B, falls die Intel-Ansiedelung wider Erwarten scheitere.

Verständlich ist freilich, dass man sich zurzeit um Intel sorgt, angesichts von Milliardenverlusten und Massenentlassungen. Zwar ist seit Jahren klar, dass das einst so stolze Unternehmen einen heiklen Transformationsprozess durchlaufen muss. Dieser dauert schon eine ganze Weile und man kann nur hoffen, dass die Firma mittlerweile nahe an der Talsohle steht. Dass das eine oder andere der zahlreichen parallelen Intel-Milliardenprojekte langsamer laufen wird, ist ebenfalls wahrscheinlich. Gleichzeitig kennt man aber seit Jahrzehnten auch den typischen Schweinezyklus der Chipbranche – und da geht es derzeit eher abwärts, beispielsweise bei Chips für Autos. Anscheinend laufen nur KI-Halbleiter weiter wie verrückt.

Blick in eine Fertigungshalle des Serverbauers ZT Systems, der künftig vor allem dicke KI-Maschinen mit AMD Instinct MI bestücken soll.

(Bild: ZT Systems)

Damit das so weitergeht, hat sich AMD den Serverhersteller ZT Systems aus New Jersey einverleibt. Der war 1994 als PC-Schrauberfirma gegründet worden, sattelte 2004 auf Server um und spezialisierte sich später auf große (Hyperscale-)Rechenzentren. Für solche fertigte ZT Systems in den vergangenen Jahren viele KI-Server mit starken Rechenbeschleunigern, vor allem von AMD-Erzkonkurrent Nvidia. Erst im Winter 2023 nahm ZT Systems im texanischen Georgetown einen weiteren Fertigungsstandort mit mehr als 1000 Mitarbeitern in Betrieb und hat auch eine europäische Niederlassung im niederländischen Almelo. Der Kaufpreis von 4,9 Milliarden US-Dollar wirkt für einen Fertigungsbetrieb recht hoch; das Ziel der Übernahme ist jedenfalls, mehr KI-Server mit AMD Instinct MI zu verkaufen, insbesondere an die wichtigen ZT-Cloud-Kunden Amazon AWS und Microsoft Azure. Und endlich hat es AMD auch geschafft, mit der MI300X am KI-Benchmark MLPerf teilzunehmen.

In den vergangenen Monaten leisteten sich PC-Chiphersteller ungewöhnlich viele Pannen. So verstolperte AMD den Start der Ryzen 9000 mit Zen-5-Kernen. Intel sagte die Veranstaltung "Innovation" fünf Wochen vor deren Start Mitte September ab, auf der eigentlich der Core Ultra 200 "Arrow Lake" für Desktop-PCs starten sollte. Er kommt nun wohl erst Mitte Oktober, hoffentlich noch rechtzeitig für unsere PC-Bauvorschläge.

Keine gute Figur machte Intel auch bei der Suche nach den Fehlern der Raptor-Lake-Prozessoren, wie mehrfach in c’t berichtet. Immerhin gibt es nun verlängerte Garantiefristen für betroffene Chips. AMD wiederum ließ sich viel Zeit mit dem Stopfen der Sicherheitslücke "SinkClose" und will für ältere Chips wie Ryzen 1000 und 2000 überhaupt keine Updates liefern.

Mit dem ARM-Chip Snapdragon X Elite will Qualcomm den Notebookmarkt umpflügen. Microsoft steuert dazu das Logo Copilot+ bei, das die Bedeutung der NPU hervorhebt, auf der bisher aber kaum nutzbringende KI-Anwendungen laufen. Statt sich einen Aufkleber auszudenken wäre mehr Sorgfalt bei Treibern und Firmware schön gewesen, wie unser Test zeigt. Beim genaueren Blick zeigen sich weniger unterschiedliche Snapdragon-X-Notebooks als gedacht, weil einige Hardware-Zwillinge sind: Dell Latitude 7455 und Inspiron 14 Plus, HP EliteBook Ultra 14 G1Q und OmniBook X 14 AI. Das Medion Sprchrgd (nein, wir haben hier keine Vokale gespart) 14 S1 Elite wiederum hat dieselbe Barebone-Basis wie die erwartete Tuxedo-Version mit Linux.

Mancher Linux-Fan hegt hohe Erwartungen an Snapdragon-X-Notebooks – die hoffentlich nicht enttäuscht werden. Denn bisher geht es mit Linux auf Snapdragon X eher schleppend voran und der von Microsoft oktroyierte Sicherheitscontroller Pluton schmeckt nicht jedem. Denn sein genauer Funktionsumfang ist unbekannt, ähnlich wie der von Intels Management Engine (ME). Und erst wenn Linux endlich auf den ARM-Notebooks läuft, wird sich zeigen, ob sie damit ebenso lange am Akku durchhalten wie unter Windows.

Zum Bit-Rauschen gibt es regelmäßig auch einen Podcast.

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(ciw)