Bit-Rauschen: Intels Pläne für Magdeburger Chipfabriken öffentlich

Dank der deutschen Bürokratielust wissen wir mehr über Intels Pläne in Sachsen-Anhalt. Intel-Prozessoren verschlucken sich bei hohen Frequenzen und AMD kämpft.

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Dank der Vorschrift mit dem tollen Namen Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) kennt die Öffentlichkeit jetzt eine Menge Details der geplanten neuen Intel-Chipwerke Fab 29.1 und 29.2 bei Magdeburg. Denn weil eine solche Chipfabrik eigentlich eher eine Chemiefabrik ist, die Siliziumwafer beschichtet, ätzt und schleift, muss Intel viele Genehmigungen einholen. Dazu hat Intel gemäß der erwähnten BImSchV 445 Megabyte an komprimierten Daten veröffentlicht. Die haben wir durchforstet und viel über den Aufbau moderner Halbleiterfertigungswerke gelernt. Wirklich große Überraschungen sind nicht dabei, aber die Komplexität der Bauten und Anlagen ist eine Delikatesse für Tech-Geeks.

Laut den Plänen wird Intel im Industriegebiet Eulenberg an der Ada-Lovelace-Chaussee residieren, die aber erst noch gebaut werden muss. Ob der Straßenname nur eine Ehrung der Mathematikerin Countess of Lovelace sein soll oder auch auf einen wichtigen Kunden anspielt? Wohl eher ersteres, denn wenn die Intel-Auftragsfertigung Ende 2027 in Sachsen-Anhalt läuft, gehört die Nvidia-Chipgeneration Ada wohl schon zum Alteisen.

Große Pläne hat Intel für die Chip-Fabs 29.1 und 29.2 an der Ada-Lovelace-Chaussee bei Magdeburg.

(Bild: Intel)

Eine Chip-Fab frisst gewaltige Mengen an Energie, wenn auch deutlich weniger als ein großes Stahlwerk und immer noch etwas weniger als die von Microsoft geplanten Mammutrechenzentren in Nordrhein-Westfalen. Intel hat sich auch wegen des großen Angebots an Windstrom für Magdeburg entschieden und will beispielsweise auf Dieselgeneratoren zur Überbrückung von Stromausfällen verzichten. Stattdessen sollen Akkuspeicher rund 200 Megawatt (MW) Leistung liefern. Intel hofft auf rasche Freigabe der Pläne und will bald mit dem Bau beginnen.

Im hitzigen Rennen um die Leistungsspitze zwiebelt Intel beim demnächst startenden Core i9-14900KS die Spitzentaktrate auf 6,2 GHz hoch. Doch bereits die minimal langsameren Versionen i9-14900K und i9-13900K scheinen nicht in allen Lebenslagen stabil zu rechnen, siehe Seite 46. In manchen PC-Spielen gibt es Probleme. Auch ein c’t-Leser, dessen Firma den Core i-13900K wegen der hohen Singlethreading-Performance in Workstations einsetzt, klagt über Abstürze. Dreht man den Maximaltakt leicht herunter, verschwinden die Probleme oft.

Solche Pannen deuten darauf hin, dass Intel etwas zu euphorisch an der Taktschraube dreht. Schwammige Vorgaben zu den zulässigen Betriebsbedingungen der Prozessoren erschweren dabei die Diagnose. Denn um in Benchmarkvergleichen herauszustechen, drehen die Mainboard-Hersteller manche CPU-Parameter im BIOS noch weiter auf, insbesondere die Grenzwerte für die Leistungsaufnahme im Turbomodus. Kommt dann noch Übertakterspeicher dazu, kann die Suche nach der Fehlerquelle lange dauern. Nach der AMD-Panne mit EXPO-RAM ist das nun schon der zweite ärgerliche Fehler durch Übertaktungsfunktionen im Laufe eines Jahres.

Einen Bock viel größeren Kalibers hat jedoch Microsoft geschossen – oder ist gerade beim Schießen, siehe Seite 58. Es geht um UEFI Secure Boot, die schlecht spezifizierte und von vielen PC-Herstellern schlampig umgesetzte Schutzfunktion gegen Bootkits, also manipulierte Bootloader. Es stellt sich heraus, dass UEFI Secure Boot auf manchen älteren PCs nicht richtig funktioniert und dass die nachträgliche Updatefunktion gegen unsichere Bootloader zu kompliziert ist für die Realität. Jetzt rüstet Microsoft eine eigene Sperre nach, die immerhin den Vorteil hat, Linux-Bootloader nicht zu beeinflussen. Die Linuxer wiederum ziehen mit der eigenen Technik Secure Boot Advanced Targeting (SBAT) nach. In Zukunft haben wir also mindestens zwei Bootloader-Notbremsen auf unseren Rechnern – was kann schon schiefgehen?

Gescheitert ist auch der Plan von AMD, Funktionen von HDMI 2.1 in quelloffene Linux-Treiber zu integrieren. Denn das untersagten die Gralshüter des Industriegremiums HDMI Forum. Damit sind Radeon-Grafikkarten unter Linux derzeit auf HDMI 2.0 beschränkt, können also bei 4K-Auflösung nicht mehr als 60 Bilder pro Sekunde liefern und Funktionen wie Variable Refresh Rate (VRR) nicht nutzen. Bei GPUs von Apple, Intel und Nvidia klappt es hingegen unter Linux auch mit HDMI 2.1. Denn Nvidia hat die strittigen Funktionen in die Firmware der GPUs integriert, während Apple und Intel das Problem durch interne Umsetzung von DisplayPort auf HDMI lösen. Bleibt zu hoffen, dass auch AMD eine Lösung findet.

Zum Bit-Rauschen gibt es regelmäßig auch einen Podcast.

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(ciw)