Bit-Rauschen: Windows on ARM soll es 2024 endlich schaffen

Der ARM-Chip Snapdragon X Elite wirft immer längere Schatten voraus. AMD bekommt NPU-Treiber weiter nicht auf die Kette und CPU-Codenamen geben Hinweise.

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Bei Windows auf ARM-Chips wird es bald wohl spannend. Jedenfalls verdichten sich die Hinweise, dass es Microsoft und Qualcomm nun endlich hinbekommen wollen. Wie in früheren Ausgaben des Bit-Rauschens bereits gemeldet, tauchten von mehreren unterschiedlichen Notebooks mit Qualcomm-Prozessoren des Typs Snapdragon X Elite Benchmark-Ergebnisse auf. Wie zufällig und versehentlich solche Daten in die Öffentlichkeit geraten, sei dahingestellt – wir vermuten, dass Firmen zumindest einige dieser vermeintlichen Leaks gezielt einsetzen, um Spekulationen über kommende Produkte anzufachen. Im Geekbench 6 überrundet der Snapdragon X Elite mit zwölf Oryon-Kernen und 4,3 Gigahertz im Turbo jedenfalls alle bisherigen ARM-Chips für Windows-Notebooks. Je nachdem, wie stark die Kühlung ausgelegt ist – also je nach Thermal Design Power (TDP) –, rückt der Qualcomm-Prozessor dicht an aktuelle AMD Ryzen 8040U und Intel Core Ultra heran. Ob er dabei ohne Lüfter auskommt, ist jedoch unklar.

Nach wie vor gibt es wenige Windows-Apps, die für ARM angepassten Code nutzen. Und die Emulation für x86 und x86-64 in Windows 11 frisst viel Leistung. Qualcomm verkündet daher stolz, dass Google eine ARM-Version des Browsers Chrome für Windows fertiggestellt hat. Und KI-Apps soll der Snapdragon X Elite mehr Rechenleistung bereitstellen als bisherige x86-Mobilprozessoren. Qualcomm verspricht alleine für die Neural Processing Unit (NPU) 45 Tops – mehr, als bei AMD und Intel bisher jeweils NPU, CPU und GPU gemeinsam schaffen. Dank schnellem RAM des Typs LPDDR5X-8533 soll der Snapdragon X Elite mit bis zu 136 GByte/s auf den Arbeitsspeicher zugreifen.

Samsung will das Galaxy Book4 – hier eine Version mit Intel-CPU – auch mit dem starken Zwölfkern-ARM Qualcomm Snapdragon X Elite bestücken.

(Bild: Samsung)

Windows-Notebooks mit Snapdragon X Elite sollen zur Jahresmitte starten, also in wenigen Wochen. Die erwähnten Geekbench-Daten stammen von Lenovo- und Samsung-Geräten, aber höchstwahrscheinlich schickt Microsoft auch eigene Surface-Notebooks mit ARM ins Rennen.

Unterdessen stellt sich AMD bei Treibern und Firmware weiter ungeschickt an. Im März beschrieb AMD in einem Blog-Beitrag, wie einfach es doch sei, ein KI-Sprachmodell (Large Language Model, LLM) unter Windows 11 auf einem PC oder Notebook mit Ryzen AI oder Radeon-7000-Grafikkarte zu betreiben. Dazu müsse man im Wesentlichen nur die Software LM Studio installieren und darin das gewünschte LLM herunterladen.

Das klappt tatsächlich einfach, wie sich im c’t-Labor zeigte. Doch LM Studio nutzt bisher die in den Ryzen-Prozessoren mit Ryzen AI eingebaute NPU nicht. Stattdessen übernimmt der integrierte Radeon-Grafikprozessor – also die IGP – die KI-Berechnungen. AMD hat zwar nicht gelogen, denn "Ryzen AI" schließt ausdrücklich auch CPU-Kerne und die GPU/IGP mit ein. Doch offenbar quält sich AMD weiterhin mit der Einbindung der NPU, die viel mehr und vor allem energieeffizientere KI-Rechenleistung liefern soll als die anderen Rechenwerke. Angeblich verlangt Microsoft für einen KI-PC demnächst mindestens 40 Tops, damit der Copilot lokal läuft.

Auch erste Ergebnisse des neuen UL Procyon AI Computer Vision Benchmark (siehe Seite 45) belegen, dass KI unter Windows noch ein Flickenteppich ist. Über das einheitliche Windows-API DirectML lassen sich die NPUs von AMD und Intel immer noch nicht nutzen und Nvidia kocht weiter das eigene CUDA-Süppchen. Der wachsende Druck hat AMD zur Ankündigung bewogen, weitere Teile das GPU-API ROCm offenzulegen. Und bei KI-Servern zieht Nvidia weiter davon, siehe Seite 46.

In von Intel eingereichten Patches für künftige Linux-Kernels tauchen neue CPU-Codenamen auf. Ende 2024 erwartet man nach Meteor Lake (Core Ultra 100) noch Arrow Lake und Lunar Lake, vermutlich beide als Core Ultra 200. 2025 folgen wohl Panther Lake sowie Nova Lake, auch der Name Beast Lake fiel bereits. Nun tauchte Adams Lake auf, ein Kandidat für 2026.

Bei den schnellen Performance-Kernen ist zurzeit Redwood Cove aktuell (im Core Ultra 100), dann folgen angeblich Lion Cove, Cougar Cove, Panther Cove und Douglas Cove. Bei den Efficiency-Cores könnte die Ablösung der aktuellen Crestmont-Mikroarchitektur Skymont heißen, gefolgt von Sheldonmont.

Anscheinend erfinden AMD und Intel absichtlich möglichst verwirrende Codenamen. Denn Intels nächste – und wegen hoffentlich höherer Performance auch dringend nötige – Xeon-Generation Xeon 6 heißt Granite Rapids, während AMD die ebenfalls im Herbst erwarteten Zen-5-Ryzens als Granite Ridge entwickelt. Für letztere kommen schon die ersten BIOS-Updates, damit sie in vorhandenen AM5-Boards laufen – vielleicht als Ryzen 9000.

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(ciw)