Bitkom: Keine Kostenexplosion bei der elektronischen Gesundheitskarte

Meldungen über bislang nicht bedachte Investitionserfordernisse beruhen dem Branchenverband zufolge auf falschen Berechnungen.

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Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) weist Meldungen zurück, wonach sich bei der elektronischen Gesundheitskarte ein Finanzdebakel abzeichnet. Berechnungen, denen zufolge das Bundesgesundheitsministerium erforderliche Investitionen in Arztpraxen und Kliniken in seiner bisherigen Kalkulation nicht berücksichtigt habe und die Gesamtkosten des Projekts mehr als verdoppeln könnten, "treffen nicht zu", erklärte Pablo Mentzinis, Bereichsleiter E-Health bei dem Berliner Branchenverband, gegenüber heise online. Die Mutmaßungen würden Kostenarten verwechseln und in einen unzulässigen Zusammenhang bringen: "Es ist zu unterscheiden zwischen den notwendigen Ausgaben für die kartenspezifische IT-Infrastruktur und den gewöhnlichen EDV-Ausgaben der Ärzte und Kliniken", stellt Mentzinis klar. Letztere seien nicht der Gesundheitskarte zuzurechnen.

Um die Telematikinfrastruktur rund um das Großprojekt im Gesundheitswesen nutzen zu können, brauchen Anwender zwei Geräte: einen PC mit Internetzugang sowie einen über ausreichende Sicherheitsvorkehrungen verfügenden Kartenleser. Zudem muss entsprechende Software auf dem System installiert sein. Die "weit überwiegende Zahl der Kliniken, Apotheken und Praxen" weise bereits heute gute technische Voraussetzungen für das Einklinken in die Karteninfrastruktur auf, konstatiert Mentzinis. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung kämen auf die 124.000 Kassenärzte hierzulande daher durchschnittlich Investitionen von etwa 2000 Euro zu, um Ihre Systeme für die elektronische Gesundheitskarte fit zu machen. Das sei deutlich weniger als von den alarmierenden Berichten angenommen.

Nicht vergessen dürfe man zudem, so der Bitkom-Vertreter, dass Ärzte, Apotheker und Kliniken bereits "massiv" in ihre EDV-Ausstattung investieren ­-- ganz ohne elektronische Gesundheitskarte. Unternehmensberater würden davon ausgehen, dass Krankenhäuser bis 2005 jeden fünften Euro in die Informationstechnik und die Standardisierung von Geschäftsprozessen stecken. Auch die Kassen sollen demgemäß 2005 bereits ganz allgemein zwischen 13 und 14 Prozent ihres Investitionsbudgets für die IT einplanen.

"Lediglich 40.000 der etwa 200.000 niedergelassenen Mediziner arbeiten noch gänzlich ohne EDV", rechnet Mentzinis weiter vor. Allein für sie stelle die Gesundheitskarte einen direkten Kostenfaktor dar. Doch selbst wenn man sehr hohe Investitionen von 10.000 Euro je Praxis veranschlagen würde, käme man dabei auf eine Summe von 400 Millionen Euro, nicht auf die befürchteten Milliardenzahlen. Aber auch diese Betrachtung allein hält der Bitkom für "kurzsichtig", weil die erstmals investierenden Ärzte auch "Effizienzgewinne" durch die IT hätten. "Welchen Vorteil hätte es, wenn sie künftig ihre Briefe nicht mehr mit der Schreibmaschine schreiben, ihre Patientendaten nicht mehr in Hängeregistern verwalten und ihre Abrechnungen mit der Krankenkasse nicht mehr auf Papier erledigen würden?", gibt Mentzinis zu bedenken. Er plädiert insgesamt für "mehr Klarheit" in der öffentlichen Darstellung der Kosten des Großprojekts. Zur elektronischen Gesundheitskarte und der Reform des Gesundheitswesens siehe auch: