Bitkom-Studie: Unternehmen zurückhaltend bei Blockchain-Technik

Stell dir vor, es ist Blockchain-Hype und keiner macht mit: Laut einer Umfrage zögert die deutsche Wirtschaft beim Einsatz der Technik hinter dem Kryptogeld.

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Blockchain-Technologie braucht gesetzliche Grundlagen

(Bild: 
Davidstankiewicz (Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license))

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Die deutsche Wirtschaft ist sehr zurückhaltend, wenn es um den Blockchain-Einsatz im eigenen Unternehmen geht. Laut einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom gaben 86 Prozent der befragten Firmen an, noch nicht über sinnvolle Anwendungen im eigenen Unternehmen nachgedacht zu haben. 60 Prozent hätten sich sogar noch gar nicht mit der aktuell sehr gehypten Technik befasst.

Auf der anderen Seite seien gerade einmal 12 Prozent der Unternehmen aufgeschlossen gegenüber der Blockchain. 2 Prozent diskutierten aktuell den Einsatz, 4 Prozent seien in der Planungs- und Testphase und lediglich 2 Prozent hätten laufende Projekte. 9 Prozent der befragten Firmen zeigten sich kritisch oder lehnten die Technik sogar komplett ab. Bei größeren Unternehmen ab 500 Mitarbeitern zeigte sich die Lage etwas anders: Mehr als die Hälfte habe sich mit der Materie befasst, etwas über ein Viertel sei in der Planungs- und Testphase.

Als größtes Hemmnis gaben die meisten Unternehmen an, schlicht keinen praktischen Anwendungsfall zu sehen (88 Prozent). Ebenso viele hätten kein qualifiziertes Personal für dieses Technikfeld. Weitere Probleme seien Rechtsunsicherheit und fehlende Standardisierung. Die Unternehmen, die sich auf die Technik einlassen, hätten wiederum sehr große Erwartungen: Fast alle gingen davon aus, ihre Produkte oder Dienstleistungen auf die Technik anpassen zu können; die große Mehrheit ginge auch von neuen Produkten oder sogar Geschäftsmodellen aus. Für die Bitkom-Studie wurden 1004 Unternehmen ab 50 Mitarbeitern befragt.

"Rund um die Blockchain gibt es weltweit viele Pilotprojekte, die die Möglichkeiten der Technik erahnen lassen – aber noch wenig Vorzeigbares oder Alltagstaugliches“, sagte Bitkom-Geschäftsführer Achim Berg. Dennoch sollte Deutschland seiner Einschätzung nach bei der Entwicklung entsprechender Anwendungen zum Vorreiter werden. China habe Deutschland beim Thema Künstlicher Intelligenz bereits den Rang abgelaufen und spiele nun auch bei Blockchain ganz vorne mit, sagte Berg. "Wenn wir jetzt die Weichen richtig stellen, kann Deutschland bei der Entwicklung von Blockchain-Produkten ganz vorne dabei sein."

Berg fordert, dass Bund, Länder und Kommunen vorangehen und Blockchain-Pilotprojekte in der öffentlichen Verwaltung etablieren, etwa für öffentliche Register. Ebenfalls sollen die rechtlichen Rahmenbedingungen überprüft und wo nötig angepasst werden. "Ein Token muss als digitaler Mechanismus dieselbe Funktion haben dürfen wie eine Papierurkunde“, sagte Berg.

Prototypen der Blockchain-Technik werden zum Beispiel für die Verwaltung digitaler Identitäten oder die transparente Dokumentation von Lieferketten erprobt. Jüngstes Beispiel ist der Hersteller Western Digital, der gemeinsam mit IBM Blockchain-basiert Fälschungen seiner Festplatten verhindern will. Die Deutsche Börse und die Bundesbank wiederum arbeiten daran, Wertpapiergeschäfte über die verteilte Datenbanktechnik abzuwickeln.

Bislang bleibt der schlagendste Nutzungsfall der Blockchaintechnik wohl das Kryptogeld – hier sorgt die verteilte Datenbank für eine sichere Erfassung aller Transaktionen und schafft Konsens in einem offenen P2P-Netzwerk, dessen Nutzer sich so nicht gegenseitig vertrauen müssen. Aber die Blockchains für Unternehmensanwendungen sind meist als geschlossene Systeme mit bekannten Teilnehmern und klaren Autoritäten konzipiert. Da steht wohl oft auch die Frage im Raum, ob man überhaupt eine Blockchain braucht und die gewünschten Funktionen nicht doch performanter mit anderer Datenbanktechnik abbilden kann. (axk)