Bitrauschen: Globalfoundries-Börsengang und Moores Gesetz

Der Halbleiter-Auftragsfertiger Globalfoundries will an die Börse. Erzkonkurrent TSMC ist ziemlich ausgebucht, AMD verschiebt Startschüsse und Intel stolpert über Grafiktreiber.

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Bitrauschen: Globalfoundries-Börsengang und Moores Gesetz
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Nachdem zehn Jahre lang darüber spekuliert wurde, will der Chip-Auftragsfertiger Globalfoundries 2022 tatsächlich an die Börse. CEO Tom Caulfield soll seinen Laden deshalb konkurrenzfähig aufstellen und räumt seit 2018 auf: Mitte 2018 brach Globalfoundries (Glofo) überraschend die Entwicklung der eigenen 7-Nanometer-Fertigungstechnik ab, später verkaufte man zwei Chip-Fabs. Nun schafft Glofo laut Caulfield zwar erstmals einen operativen Gewinn, entfernt sich aber vom einstigen Ziel, den Branchenprimus TSMC zu überholen.

Es wird spannend, wie Glofo das 2022 eingeworbene Kapital einsetzt, etwa in Dresden. Auf der Globalfoundries Technology Conference im September war viel von 5G- und IoT-Chips unter anderem für Autos die Rede. Ob man damit aber genug verdient, um nachhaltig Milliarden in neue Fabs buttern zu können? Die Konkurrenten TSMC (Taiwan) und Samsung Semiconductor (Südkorea) haben jeweils ihre Regierungen im Rücken, die die Halbleiterfertigung kräftig subventionieren. Wohl auch deshalb hat Glofo mit der Patentklage gegen TSMC einen Warnschuss gesetzt – und mittlerweile eine Gegenklage kassiert.

TSMC empfiehlt der geschätzten Kundschaft, die für 2020 gewünschten Mengen an 7-Nanometer-Chips frühzeitig und fest zu buchen. Das deutet auf knappe Fertigungskapazitäten hin, trotz weltwirtschaftlicher Turbulenzen etwa durch den US-Handelskrieg. Wie im letzten Bit-Rauschen berichtet, kann auch Intel derzeit nicht so viele Prozessoren produzieren, wie nachgefragt werden.

AMD hat unterdessen den Start des Ryzen Threadripper 3000 „Sharktooth“ auf den November verschoben; dann erst soll auch der ursprünglich für September versprochene 16-Kerner Ryzen 9 3950X kommen. Man munkelt, dass bisher zu wenige der 7-Nanometer-Chips ausreichend hohe Taktfrequenzen erreichen – oder bei hohen Frequenzen zu viel Strom schlucken. AMD hatte ja kürzlich schon ein wenig Ärger durch etwas zu niedrige Boost-Taktfrequenzen heraufbeschworen. Letztere haben aber kaum praktische Nachteile, weil es bloß um einen 2 bis 5 Prozent niedrigeren Takt geht. Aber AMD hatte eben mehr versprochen und bessert mittlerweile mit BIOS-Updates nach.

Intels Core i9-9900KS soll 5 GHz im Turbo auf allen acht Kernen gleichzeitig schaffen, rund 9 Prozent mehr als der Ende 2018 vorgestellte i9-9900K. Dafür will Intel die nominelle Leistungsaufnahme wohl um 34 Prozent hochsetzen, nämlich von 95 auf 127 Watt. Es geht dabei um die sogenannte Thermal Design Power (TDP), die aktuelle Core-i-Typen unter Volllast in der Praxis ohnehin weit überschreiten, zumindest kurzzeitig. Da fühlt man sich an AMDs Verzweiflungstat aus dem Jahr 2013 erinnert, als man den Bulldozer-Achtkerner „Vishera“ als FX-9590 auf 220 statt 125 Watt hochheizte, um gegen Intels Core i7-4770K ein wenig Boden gutzumachen.

2020 will Intel zwar wohl noch immer keinen konkurrenzfähigen 10-Nanometer-Prozessor für Desktop-PCs liefern, aber den ersten separaten Grafikchip aus eigener Produktion: den Xe. Dafür muss Intel freilich nicht bloß am Chip feilen, sondern auch an Windows-Treibern. Ein schlechtes Omen sind in diesem Zusammenhang die hakeligen Treiber für die Iris-Plus-(Gen11-)GPU in den neuesten 10-Nanometer-Mobilprozessoren wie dem Core i7-1035G7. Ein erstes Ice-Lake-Notebook – direkt via Amazon eingekauft, weil Dell und HP angeblich noch gar keine Testmuster in Deutschland haben – kämpfte mit Abstürzen in Grafik-Benchmarks. Hat Intel vielleicht die falschen Leute von AMD abgeworben? Früher pflegte nämlich AMD die Tradition, mit jeder neuen GPU-Generation erst einmal vermurkste Grafiktreiber auszuliefern, die man erst nachträglich mit Updates scheibchenweise reparierte.

Das Moore’sche Gesetz lebt weiter, meint Jim Keller von Intel: dank Chiplets, Nanodraht-Transistoren und später dann mehreren Funktionslagen im gleichen Prozessor.

(Bild: YouTube/Uni Berkeley)

Immer wieder gibt es Diskussionen um Gordon Moores berühmtes Gesetz aus dem Jahr 1965, das eine Verdopplung der Anzahl der IC-Funktionen etwa alle zwei Jahre vorhersagt. Manche halten es für tot oder mindestens sterbend, andere für quicklebendig. Mit Jim Keller von Intel – der früher bei AMD, davor bei Apple und ganz früher bei DEC arbeitete – und dem TSMC-Forschungschef Philip Wong meldeten sich kürzlich zwei Verteidiger der Moore’schen Thesen aus ganz unterschiedlichen Lagern.

Beide sind sich einig, dass zunächst die derzeit trendigen Chiplets die Moore’sche Daumenregel weitertragen, später dann Innovationen wie Kohlenstoff-Nanoröhrchen oder Nanodrähte aus anderen Materialien. Vor allem aber sollen Stapelverfahren kommen, also monolithische Prozessoren, die intern aus mehreren Lagen bestehen, so wie heute schon NAND-Flash-Speicher mit bis zu 128 Lagen.

Dieser Artikel stammt aus c't 22/2019. (ciw)