Blackberry muss wegen Jubelmeldungen zu BB10 vor Gericht

BB10 war ein Misserfolg, doch das Management malte 2013 rosige Bilder. Ob das irreführend war, müssen nun Geschworene beurteilen.​

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2 Blackberry-Smartphones mit QWERT-Tastatur

Links ein Blackberry Bold 9900 mit Betriebssystem BB7, rechts ein Blackberry Classic mit BB10

(Bild: Volker Weber)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Hat Blackberrys Management 2013 den Misserfolg der damals neuen BB10-Handys vertüncht und Anleger in die Irre geführt? Diese Frage sollen Geschworene in New York im Herbst beantworten – neun Jahre, nachdem Anleger eine Sammelklage beantragt haben. Seit damals hat Blackberry versucht, den Prozess abzuwenden. Das ist 2016 auch fast gelungen – aber nur fast.

Montag war der letzte Tag, an dem Blackberry seine Server für alte Blackberry-Geräte mit Betriebssystem BB7 oder BB10 betrieben hat. Am selben Tag hat ein US-Bundesbezirksgericht entschieden, dass eine 2013 eingereichte Sammelklage gegen Blackberry endlich vor Geschworene kommen wird. Die Sammelklage läuft im Namen womöglich in die Irre geführter Blackberry-Aktionäre. Beklagt sind neben der Firma selbst auch deren damaliger CEO Thorsten Heins, damaliger Finanzchef Brian Bidulka sowie damaliger Justiziar Steve Zipperstein.

Am Abend des 20. September 2013 schreckte Blackberry mit einer Hiobsbotschaft auf: Außerplanmäßig teilte das kanadische Unternehmen damals mit, fast eine Milliarde US-Dollar Quartalsverlust gemacht zu haben und 40 Prozent der bereits zuvor dezimierten Belegschaft kündigen zu müssen. Die BB10-Geräte waren auf dem Markt gescheitert. Tags darauf stürzte der Aktienkurs ab. Am 4. Oktober 2013 wurde die Sammelklage beantragt, im November 2013 musste CEO Heins den Hut nehmen.

Die Sammelkläger führen an, das Management habe schon viel länger vom BB10-Fehlschlag gewusst, diesen aber durch unbegründet optimistische Behauptungen, das Unterlassen wichtiger Offenlegungen sowie unzulässige Buchhaltungstricks verschleiert. Unter anderem habe Blackberry Gerätelieferungen an Netzbetreiber als Verkäufe verbucht, um Gewinne ausweisen zu können, obwohl die Geräte tatsächlich gar nicht an Endkunden verkauft waren. Buchhalter hätten Blackberry davon abgeraten, doch das Management habe darauf bestanden.

Blackberry-CEO Torsten Heins demonstriert in dieser Archivaufnahme ein BB10-Handy. Im November 2013 wurde er abgesetzt.

(Bild: dpa, Oliver Berg)

Außerdem habe das Management BB10 als tollen Erfolg gefeiert, obwohl es den Misserfolg gekannt habe. In Summe werfen die Kläger der Firma vor, den Aktienkurs von 28. März bis 20. September ungerechtfertigt hoch gehalten zu haben. Wer in dem Zeitpunkt Blackberry-Aktien gekauft hat, sei rechtswidrig geschädigt und habe Anspruch auf Entschädigung. Das Unternehmen und die Ex-Manager stellen die Vorwürfe in Abrede.

Jahrelang hat Blackberry versucht, ein Verfahren im Gerichtssaal zu vermeiden. Der Gerichtsakt alleine der ersten Instanz umfasst nicht weniger als 573 Dokumente. Immerhin konnte das Unternehmen einige Kläger loswerden und erreichen, dass erst 2020 ans Tageslicht gekommene Beweise den Geschworenen nicht gezeigt werden dürfen; und im August 2016 sah es sogar schon danach aus, als wäre die Aktionärsklage gegen Blackberry auch in der Berufung gescheitert.

Doch das Berufungsgericht erlaubte den Klägern, ihre Klage abzuändern und neue Beweise vorzulegen: Dabei geht es um einen Bericht des Investmentunternehmens Detwiler Fenton aus dem April 2013. Detwiler Fenton berichtete damals, es würden mehr Blackberry-Handys des Modells Z10 zurückgegeben als neue verkauft. Blackberry widersprach dem heftig. Die Kunden seien zufrieden, die Rücklaufquoten lägen im Branchenschnitt und der Bericht sei "im Wesentlichen falsch und irreführend".

Tatsächlich beruhte der Detwiler-Bericht auf Daten einer großen Handyladen-Kette. Die Kläger sagen, Blackberry habe die echten Zahlen gekannt und seine Anleger durch das Abstreiten des schlechten Absatzes bewusst in die Irre geführt.

Trotz aller juristischen Bemühungen Blackberrys ist der Kern der Vorwürfe geblieben. Am Montag hat der zuständige Richter Blackberrys Antrag auf Einstellung des Verfahrens abgewiesen. Sofern das rechtskräftig wird, soll im September oder Oktober das Gerichtssaalverfahren beginnen.

Zudem hatte Blackberry beantragt, Antworten der Kläger auf Blackberrys Erwiderungen auf die Vorwürfe aus dem Akt zu streichen. Das Gericht solle stattdessen feststellen, dass Blackberrys Vorbringen unbestrittene Tatsachen seien. Dieses Ansinnen dürfte den Richter auf die Palme gebracht haben: In seiner Entscheidung beschreibt er es als "ärgerlichen und sinnlosen Antrag", den Blackberry "in Verzweiflung" gestellt habe.

Das Verfahren ist beim US District Court Southern District of New York als Pearlstein v. Blackberry Limited anhängig (Az. 13-CV-7060). Beim zwischenzeitlichen Gang zum Bundesberufungsgericht für den zweiten Gerichtsbezirk hieß das Verfahren Cox v. Blackberry Limited (Az. 15-3991).

(ds)