Blender 4.3: Licht steuern fĂĽr Nebel, Rauch und Metall

Die 3D-Software Blender läuft ab sofort unter Windows auch auf ARM-Laptops. Darüber hinaus gibt es viele experimentelle Funktionen, etwa um Licht zu streuen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 3 Kommentare lesen

Blender 4.3 kommt mit einer Vielzahl neuer Funktionen und läuft nun auch auf Windows-PCs mit ARM-Chipsatz.

(Bild: blender.org)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Gottfried Hofmann
Inhaltsverzeichnis

Die freie 3D-Software Blender ist in Version 4.3 erschienen und befindet sich damit wieder am Anfang eines Releasezyklus. Dementsprechend haben die Entwickler wieder viele experimentelle Funktionen etwa zum Streuen von Licht in Nebel und Wasser oder zur Reflexion von metallischer Oberfläche integriert. Außerdem läuft Blender ab sofort auf Windows-Laptops mit Arm-Chipsatz. Blender 4.3 steht ab sofort für Windows, macOS und Linux sowie als Quellcode zum Download bereit.

Für Windows on ARM gibt es jetzt ein spezielles Build zum Testen bereit. Wer die Grafikschnittstelle Vulkan nicht nur zum Rendern, sondern zur insgesamt zur Darstellung verwenden will, kann jetzt in den Einstellungen im System-Reiter im neuen Unterpanel “Display Graphics” das experimentelle Vulkan-Backend auswählen.

Das Backend ist aber hauptsächlich zum Testen vorhanden, denn Nutzer müssen sich auf schlechtere Performance und Darstellungsfehler gefasst machen. Auch die automatische Verfeinerung von Oberflächen lässt sich dann nicht mehr von der Grafikkarte berechnen.

Unter Linux kann man über die Raytracingbibliothek HIP-RT jetzt auch bei AMD-Karten auf Raytracing-Beschleunigung zurückgreifen, was ersten Benchmarks zufolge zwischen 20 und 30 Prozent mehr Performance erwarten lässt.

Unter macOS fällt die Unterstützung für GPUs von AMD und Intel im Metal-Backend weg. Hardwarebeschleunigtes Rendern funktioniert in Blender 4.3 unter macOS damit nur noch mit Apple Silicon. Aus dem HIP-Backend von Cycles wurde Unterstützung von Grafikkarten mit Vega-Chips von AMD entfernt. Nutzer von Nvidia-GPUs müssen jetzt plattformübergreifend mindestens Treiberversion 495.89 einsetzen.

Beim Rendern volumetrischer Effekte wie Nebel oder Rauch berechnete Blender die Streuung der Lichtstrahlen bisher nur mit der Methode „Henyey-Greenstein“. In Version 4.3 sind nun weitere Methoden hinzugekommen, die jeweils Spezialgebiete abdecken. „Rayleigh“ wird für atmosphärische Streuung empfohlen, „Fournier-Forand“ für Unterwasserszenen, „Draine“ für Streuung im interstellaren Medium und „Mie“ für Wolken und Nebel.

In dieser arktischen Szene stellt Christopher Tyler gerenderten Nebel der bisherigen Methode “Henyey-Greenstein” (oben) der neuen Methode “Mie” (unten) gegenüber.

In der 3D-Computergrafik wird zwar versucht, die Ausbreitung von Licht physikalisch korrekt zu simulieren, hin und wieder möchte man aber dennoch eingreifen und den Pfad des Realismus verlassen können. Ein Werkzeug dafür ist „Light & Shadow Linking“. Dort lässt sich der Einfluss einer Lichtquelle auf Gruppen von Objekten beschränken. Standardbeispiel ist eine 3D-Figur, die von hinten angeleuchtet wird, um sie im Bild hervorzuheben. In Blender 4.3 kann man jetzt sowohl in Eevee, als auch Cycles die gleichen Funktionen für Light-Linking verwenden.

Grafiker erzeugen Unregelmäßigkeit gerne aus prozeduralem Rauschen, etwa für Rost oder Wolken. Die neue “Gabor Texture” eignet sich besonders gut, um zufällige, ineinander verwobene Bänder zu erzeugen, was besonders bei Textilien hilfreich ist.

Ineinander verwobene Bänder sind die Paradedisziplin der neuen “Gabor Texture”.

Die „Bidirectional Scattering Distribution Function“ (BSDF) bestimmt in Blender, wie eine Oberfläche mit Licht interagiert. Für die realistische Darstellung von Metallen gibt es jetzt die “Metallic BSDF”, welche bisher schwer bis gar nicht zugängliche Einstellungen exponiert.

Eine Besonderheit an Metallen besteht darin, dass sie Spiegelungen abhängig vom Eintrittswinkel unterschiedlich einfärben. Die Funktion „Metallic BSDF“ kann diesen Effekt über zwei Methoden steuern. Mit “F82 Tint” lässt sich die hauptsächliche Farbe und die Randfarbe direkt definieren. Bei “Physical Conductor” wird der Effekt über zwei Parameter pro Farbkanal gesteuert. Das ist zunächst komplizierter, verspricht aber genauere und vor allem realistischere Ergebnisse.

Metalle ändern ihre Farbe an den Rändern auf subtile Art und Weise. Mit der Funktion „Metallic BSDF“ lässt sich dieser Effekt physikalisch korrekt über zwei Farben steuern.

Blender 4.3 bringt eine Geometry-Node mit, die alle Elemente einer Geometrie in einem Rutsch bearbeitet: Sie heißt „For Each Element“. Bisher war so etwas zwar prinzipiell auch schon möglich, aber wenig eingängig gelöst.

Über die „For Each Element“-Node werden in diesem Beispiel verschiedene Sterne erzeugt.

(Bild: blender.org)

Die Geometry-Nodes können jetzt auch mit dem in Blender integrierten 2D-Mal- und Animationssystem „Grease Pencil“ umgehen. Es interpretiert die Pinselstriche dabei als Kurven. Viele der Nodes, die Kurven bearbeiten können, funktionieren jetzt auch mit Grease-Pencil-Strichen. Die angebotene Konversion zwischen Kurven und Grease-Pencil-Strichen funktioniert hingegen noch nicht vollkommen verlustfrei.

Die Ausgabe von Geometry-Nodes lässt sich speichern, um nicht immer wieder neu berechnet werden zu müssen, wenn sich nichts ändert. Dieser Prozess wird Backen genannt, die gerenderten Daten werden dabei in separaten Dateien gespeichert. Blender 4.speichert sie auf Wunsch direkt in der .blend-Datei. Das Erleichtert die Weitergabe.

Geometry-Nodes eignen sich gut, um eigene Werkzeuge und Helfer zu bauen. Um diese dann auch möglichst komfortabel einsetzen zu können, lassen sie sich künftig über Widgets (Anfasser im Viewport) mit der Maus anpassen. So lässt sich zum Beispiel ein prozedural erzeugter Baum über Pfeilsymbole größer oder kleiner ziehen.

Beispiel fĂĽr ein ĂĽber Geometry-Nodes erzeugtes Gizmo. Als Ergebnis ist an der Ebene im 3D-Viewport ein roter Pfeil angedockt, mit dem man die Ebene entlang der X-Achse skalieren kann.

Eine Besonderheit von Blender ist, dass keine zwei Objekte den gleichen Namen haben dürfen. Wenn man zum Beispiel ein Objekt „Cube“ nennt und es schon eines mit diesem Namen gibt, hat Blender bisher das neue Objekt automatisch „Cube.001“ genannt.

Manchmal möchte man aber, dass explizit das neue Objekt den Namen „Cube“ bekommt. Dafür musste man bisher das alte Objekt beispielsweise in „Cube Old“ umbenennen, damit „Cube.001“ dann „Cube“ heißen kann.

Blender 4.3 erleichtert den letzten Schritt. Wenn der Nutzer ein Objekt umbenennt, und der neue Name ein Unterstring des alten Namens ist (von „Cube.001“ zu „Cube“), dann bekommt dieses Objekt Priorität. Wenn es schon ein Objekt „Cube“ gibt, wird jenes in „Cube.001“ umbenannt.

Geometry Nodes integrieren sich in den Modifier-Stack von Blender. In Blender 4.3 kann man an dieser Stelle jetzt Fehler, Warnungen und allgemeine Infos ausgeben.

Um das Debugging zu erleichtern, kann man Geometrie innerhalb von Geometry-Nodes jetzt bennenen. Bisher geschah das implizit, indem die Namen von Objekten und Collections durchgeschleift wurden. Jetzt kann man auch vollständig prozedural erzeugte Geometrie mit einem Namen versehen und damit im Spreadsheet-Editor kenntlich machen.

Beim Sculpting bearbeitet man 3D-Objekte wie virtuellen Lehm. Bisher fanden sich die 3D-Pinsel dafĂĽr im Tool-Shelf. Blender 4.3 wandelt sie in Assets und sortiert sie dementsprechend im Asset-Shelf am unteren Bildschirmrand ein. Als Assets lassen sich selbst erstellte Brushes leichter mit anderen Nutzern teilen.

Beim Sculpting finden sich die Brushes jetzt im Asset-Shelf am unteren Bildschirmrand. Im Tool-Shelf links verbleiben Werkzeuge zum Maskieren und Filtern.

Das Farbmanagement fürs Rendering und die Anzeige im Viewport unterstützt jetzt Weißabgleich: Der Weißpunkt lässt sich wie in der Fotobearbeitung über Farbtemperatur und -tönung definieren. Ein solcher Weißabgleich ist jetzt auch im Compositor über den neuen „White Point“-Modus der „Color Balance“-Node möglich.

Wenn man ein zweidimensionales Bild als Textur auf ein dreidimensionales Objekt legen will, geht das nur mit Verzerrungen. Blender bietet eine Reihe von Automatismen, um sie zu minimieren. Die neue Methode „Minimum Stretch“ nähert sich dem optimalen Ergebnis iterativ an und lässt sich sowohl manuell über das Unwrap-Menü, als auch automatisch beim Live-Unwrap nutzen. (akr)