Boeing erhält Auftrag für die Errichtung der "virtuellen Mauer"

Statt auf Drohnen setzt das US-Heimatschutzministerium mit der Vergabe an Boeing auf den Bau von Türmen mit zahlreichen Sensoren.

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Von
  • Florian Rötzer

Das US-Ministerium für innere Sicherheit (DHS) hat laut Medienberichten einem von Boeing geführten Konsortium den Auftrag erteilt, die Tausende von Kilometern langen Grenzen zu Mexiko im Süden und zu Kanada im Norden über Grenzpatrouillen und Zäunen hinaus mit technischen Systemen zu sichern. Das im Rahmen der Secure Border Initiative (SBI) konzipierte Programm SBInet soll eine "virtuelle Mauer" mit der "Technologie des 21. Jahrhunderts" errichten, um vor allem die illegale Einwanderung und den Schmuggel zu unterbinden.

Nach Informationen des Seattle Post-Intelligencer wurden zunächst nur 40 Millionen US-Dollar für den Auftrag vergeben. Ursprünglich waren 2 Milliarden vorgesehen. Über den von Abgeordneten geforderten Bau eines dreischichtigen Sicherheitszauns in der Länge von 600 km an der Grenze zu Mexiko wird in Verbindung mit einem neuen, aber umstrittenen Einwanderungsgesetz, das eine begrenzte Legalisierung von illegal Eingewanderten vorsieht, noch im Kongress verhandelt. Auch hier könnte das Überwachungssystem integriert werden.

Mit der Übernahme des Boeing-Konzepts, das als verlässlicher und kostengünstig beurteilt wurde, setzt man nicht so sehr wie in anderen Vorschlägen auf Drohnen zur Überwachung. Jetzt sind kleine Drohnen vorgesehen, die bei Bedarf von Lastwagen zur Unterstützung gestartet werden können. Im Zentrum der Grenzsicherung steht der Bau von mehr als 1800 Türmen, die mit zahlreichen Sensoren wie Kameras, Bewegungs- und Wärmemeldern und Radarsystemen ausgerüstet sind. Nach Ansicht von Boeing würde die Luftüberwachung zu kostspielig sein, während die Techniken für den Boden bereits vorhanden seien und schnell eingesetzt werden könnten. In den USA gibt es zudem noch keine Regelungen für die Ausbildung der Piloten und für andere Sicherheitsbedingungen beim Einsatz von Drohnen im US-amerikanischen Luftraum. Bislang werden nur Einsätze über unbewohntem Gebiet zu bestimmten Zeiten genehmigt. Das DHS hatte bislang wenig Glück mit Drohnen. Eine der zwei im Jahr 2005 erworbenen 14 Millionen Dollar teuren Predator-Drohnen zur Überwachung eines Grenzabschnitts in Arizona stürzte im Juni ab.

Das DHS wird morgen die Vergabe des Milliardenauftrags bekannt geben. Einer der Gründe, warum der Vorschlag von Boeing ausgewählt wurde, dürfte in den Problemen liegen, die das Ministerium mit dem überstürzten Einsatz von neuen Überwachungstechnologien nach dem 11. September 2001 hatte. Voriges Jahr wurde bekannt, dass viele der Techniken zur Überwachung der Grenzen, Flugplätze, Häfen, des Luftverkehrs und der Briefpost, für die nach dem 11. September 4,5 Milliarden Dollar ausgegeben wurden, nicht wirklich funktionierten. So meldeten Detektoren für Sprengstoff, die pro Stück eine Million Dollar kosten, auch Shampoo-Flaschen oder Yorkshire-Pudding, weil diese Substanzen dieselbe Dichte wie Sprengstoff haben. 15 bis 30 Prozent der Warnhinweise bei Maschinen zur Gepäckkontrolle waren Falschmeldungen. Und teure Systeme zur Entdeckung von Waffen oder Sprengstoff bei Passagieren boten zumindest keinen wesentlich besseren Schutz als die früheren Kontrollen durch das Sicherheitspersonal. Neu gekaufte Bodensensoren lösten in 92 Prozent der Fälle Fehlalarm aus.

Mit dem Auftrag zum Bau der "virtuellen Mauer" an Boeing werde, so kommentiert die Washington Post, wieder einmal die Möglichkeit getestet, wie sich technisch ein Problem der nationalen Sicherheit lösen lässt. Dieses Mal habe man den Unternehmen einen ungewöhnlichen Spielraum für die Entwicklung einer Lösung gegeben. (fr)