Boerries' dritter Coup: Handys sind wie Geldautomaten

Marco Boerries, Gründer und Ex-Chef von StarDivision und StarFinanz, zielt mit seiner dritten Firmengründung auf neue Märkte.

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Von
  • Hans-Peter Schüler

Marco Boerries, Gründer und Ex-Chef von StarDivision und StarFinanz, zielt mit seiner dritten Firmengründung auf neue Märkte. Der Vorzeige-Unternehmer stellt heute das in Palo Alto und Hamburg ansässige, inzwischen etwa ein halbes Jahr alte Softwarehaus VerdiSoft (CeBIT Halle 6, B18) und dessen wichtigstes Produkt, den VerdiSoft Crosspoint Server, vor.

Anders als etwa der StarWriter, der sich seinen Markterfolg hinter dem Platzhirsch Microsoft Word erst erkämpfen musste, beackert der VerdiSoft-Server unerschlossenes Neuland. Dessen Klassenziel bezeichnen die Firmenstrategen als "Software Deployment Infrastructure". Mit deren Hilfe sollen die Besitzer der unterschiedlichsten intelligenten Endgeräte deren individuelle Konfiguration etwa auf einen Mobilfunk-Anbieter abwälzen können.

Dahinter steht der Gedanke, dass ein Handy genau wie der Steuercomputer eines Autos, ein DSL-Router oder ein Geldautomat so etwas wie einen Systemadministrator braucht. Weil den Benutzern für diese Aufgabe meistens die Zeit und das Know-how fehlt, sollen hierfür zentrale Dienstleister in die Bresche springen -- zumindest in den Fällen, wo irgendeine Netzwerkanbindung zur Verfügung steht. Nach Boerries' Vorstellung könnten solche Provider Download-Games oder Dienste wie GPRS zum Beispiel per Control-SMS ans Handy konfigurieren, das Betriebssystem einer Telefonanlage patchen oder einem ans Internet angeschlossenen Geschirrspüler den neuesten Dreh zum Wassersparen beibringen. Dabei gilt es jedoch, die individuellen Vorgaben jedes Gerätebesitzers zu berücksichtigen und beispielsweise, wenn sein Handy für ein neues SMS-Gateway konfiguriert wird, auch gleich dessen Bluetooth-PDA anzupassen.

Der VerdiSoft-Server soll alle ihm anempfohlenen Endgeräte zunächst über SMS, WAP oder SyncML ansprechen können. Nach der Installation eines kostenlosen Client-Programms soll er jedes Endgerät einmal analysieren und sich die Hard-und Softwaredetails in einer eigenen Datenbank merken. Danach erfolgen alle Systemveränderungen im Idealfall nur noch unter der Ägide des Servers, sodass dieser ständig über alle installierten Programme und deren Versionsnummern im Bilde ist. Mit dieser Kenntnis soll der Server auch selbst entscheiden, ob er dem Anwender ein soeben gekauftes Spiel in der Version für imode-Handys, Palm-PDAs oder PocketPC aufspielt, und ob er die dafür vielleicht notwendige neue Java-Maschine gleich mit installieren muss. Dem Service-Provider soll das Programm außerdem helfen, sich bei Softwareupdates an den individuellen Geräteeinstellungen der Benutzer zu orientieren.

Boerries, der seine Laufbahn im Alter von 16 Jahren 1984 mit der Gründung der StarDivision begann, hob 1996 mit StarFinanz ein zweites Unternehmen aus der Taufe, um das Programm StarMoney zu vermarkten. 1999 verkaufte er die StarDivision mitsamt der StarOffice-Suite an Sun und übernahm dort eine Vorreiterrolle für Open-Source-Software, etwa, indem er die Office-Suite mitsamt Quellcode kostenlos anbot.

Boerries Abschied von Sun im Januar 2001 und sein anschließender Verkauf der StarFinanz an die Sparkassengruppe leiteten eine schöpferische Pause ein, brachten aber offenbar auch genug Geld in die Kasse, um mit VerdiSoft ganz ohne Fremdkapital ein Unternehmen mit Anspruch auf weltweite Marktführerschaft aus dem Boden zu stampfen. Zusammen mit Entwicklern aus seinen früheren Unternehmungen hat Boerries Client-Software für Palm OS, Windows CE und embedded Linux, die Java-Umgebung J2ME sowie VxWorks fertiggestellt und den Server zur Präsentationsreife gebracht. Letzterer soll im Sommer als "Early Access Product" den Weg zu ausgewählten Kunden und Geräteherstellern finden; zum Jahresende soll die Software regulär auf den Markt kommen. (hps)