Bosch baut neue Chip-Fabrik in Reutlingen

Die 200-mm-Fab soll 2009 bis zu 1000 Wafer am Tag für Automotive-Chips ausstoßen können. Baubeginn ist im Herbst 2007. Die 800 Jobs sind überwiegend für Bosch-Werker aus der auslaufenden Pumpe-Düse-Fertigung für VW bestimmt.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Die Bosch-Gruppe investiert rund 550 Millionen Euro in den Bau einer neuen 200-mm-Halbleiterfertigung am Standort Reutlingen bei Stuttgart. Mit dem Bau der Anlage soll im Herbst 2007 begonnen werden. Der Fertigungsanlauf ist für Mitte 2009 geplant. Die Anlage soll eine Kapazität von bis zu 1000 Wafern pro Tag haben. Das entspricht Bosch zufolge einer täglichen Produktionsmenge von bis zu einer Million Chips. Bosch ist bereits seit zehn Jahren mit einer 150-mm-Fab in Reutlingen vertreten. Reutlingen ist Sitz des Bosch-Geschäftsbereichs Automobilelektronik und mit 7000 Mitarbeitern Boschs größter Entwicklungs- und Fertigungsstandort für elektronische Automotive-Komponenten.

Die Halbleiter- und Mikromechanik-Chips aus der neuen Fabrik sind vor allem für die Automobilindustrie bestimmt. Hierzu zählen Chips für elektronische Sicherheitssysteme wie ABS und ESP sowie für das elektronische Motormanagement oder moderne Fahrerassistenz-Systeme. In einem Automobil der Mittel- bis Luxusklasse werden Bosch zufolge derzeit zwischen 100 und 200 anwendungsspezifische Mikrochips eingebaut. "Wir rechnen damit, dass der Halbleiter-Markt für Automobil-Anwendungen mittelfristig um rund zehn Prozent pro Jahr wächst", erwartet Bernd Bohr, Chef des Bosch-Unternehmensbereichs Kraftfahrzeugtechnik.

Das schwäbische Traditonsunternehmen verspricht, in der neuen 200-mm-Fab bis Jahr 2012 rund 800 Arbeitsplätze zu schaffen. Diese Jobs sollen aber überwiegend intern mit Mitarbeitern aus dem nahegelegenen Betriebsteil Rommelsbach besetzt werden. Die dortige Fertigung von Pumpe-Düse-Systeme für TDI-Motoren von Volkswagen läuft 2009 aus. Nach der Entscheidung von VW, sich von der Pumpe-Düse-Technik zu verabschieden, waren dort alle 620 Arbeitsplätze gefährdet, heißt es bei Bosch. VW will künftig – wie alle übrigen großen Hersteller von Pkw-Dieselmotoren – nur noch Common-Rail-Einspritzsysteme verwenden.

Die Übernahme von Mitarbeitern aus Rommelsbach in die Chipfabrik setze deren "entsprechende Eignung" voraus. Gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern sei eine "tragfähige Lösung" entwickelt worden, erklärte Bosch-Geschäftsführer Bohr. In der neuen Halbleiterfertigung wird im so genannten "Voll-Conti"-Betrieb an mehr als 350 Tagen im Jahr rund um die Uhr gearbeitet werden, entsprechende Vereinbarungen über flexible Arbeitszeiten seien mit der Arbeitnehmerseite geschlossen worden.

Die neue 200-mm-Wafer-Fertigung in Reutlingen wird im Wesentlichen auf den so genannten "Smart Power Process" ausgelegt: Integrierte Smart-Power-Schaltungen vereinen auf einem Chip hochempfindliche Signal-Verarbeitung ebenso wie Hochstromschaltungen zur Steuerung leistungsstarker Aktoren, die den thermischen und mechanischen Belastungen beim Einsatz im Auto genügen müssen. In der ersten Ausbaustufe fertigt die Fab die Strukturbreiten von 0,35 Mikrometer. Später plant Bosch, die Strukturbreiten auf 0,18 Mikrometer zu reduzieren. Darüber hinaus soll in der neuen Fabrik MEMS-Techniken zum Einsatz kommen. Mittels MEMS (mikro-elektromechanische Systemen) lassen sich dreidimensionale elektronische und mechanische Strukturen auf Siliziumsubstraten auf Mikrometer-Ebene erstellen. Anwendungsgebiete für MEMS sind neben Autos Mobiltelefone, Taschencomputer oder Spielekonsolen sowie Tintenstrahl-Drucker. Gestern hatte Fujifilm verkündet, mit dem Druckkopf-Spezialisten Spezialisten Dimatix entprechendes Know-how zu erwerben. (ssu)