Brainshare: Simias, Kepler und die Community

Einen Tag, nachdem sich Novell auf seiner Hausmesse als Linux-Firma zurückmeldete, YaST und iFolder zur freien Software erklärte und Novell-Chef Jack Messman "no stinkin' Windows around here" deklamierte, fallen die Aussagen differenzierter aus.

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Von
  • Detlef Borchers

Es ist eine Sache, wenn der Chef in seiner Keynote auf der Hausmesse zur Freude der Programmierer "no stinkin' Windows around here" deklamiert, es ist eine andere, die Realitäten zu erklären, wie es mit der Open Source funktionieren soll. Einen Tag, nachdem Novell auf seiner Brainshare sich als Linux-Firma zurückmeldete, YaST und iFolder zur freien Software erklärte, fallen die Aussagen differenzierter aus.

So ist das File-Sharing-Programm iFolder nicht komplett zur freien Software konvertiert, sondern nur die Teile, die iFolder als Peer-to-Peer-Version zum Austausch innerhalb einer Arbeitsgruppe benötigt. Die Enterprise-Version, die Server- und Desktop-Dateien miteinander synchronisiert, bleibt kommerzielle Software und muss für jeden Server lizensiert werden. An der zentralen Aussage dieser Brainshare, "wir geben der Community mehr, als wir von ihr nehmen", ändere das nichts, befindet Rob Kain, Chef der Nterprise Platform, zu der iFolder wie die verschiedenen Server-Produkte gehören. "Das Gegenteil ist der Fall. Der Peer-to-Peer-Ansatz ist doch das wertvollere Produkt, die Koordination mit dem Server eine typische Außendienst-Situation und nur für einige Firmen interessant".

Gegenüber heise online verneinte Kain, dass iFolder als Open Source ein Marketing-Gag ist. "Firmen müssen genau überlegen, was sie unter GPL stellen, wie die Software andere Bereiche tangiert, die man proprietär halten möchte. Ein Zurück gibt es nicht." So wird von iFolder nur Simias, die zentrale Synchronisationsplattform und die Software für das iFolder-Adressbuch veröffentlicht. Simias, benannt nach dem Figurendichter Simias von Rhodos, soll von der Community weiter gepflegt werden.

Die Community der quelloffenen Softwareentwickler erfüllt bei Novell mehr als nur die Rolle eines Hoffnungsbringers. Im Zweifelsfall ist es der Basar, der die Entwicklung zuspitzt, nicht Novell. "Nicht wir sind hinter Microsoft her, die Community ist hinter Microsoft her. Nicht wir konkurrieren mit Microsoft, die Community konkurriert mit Microsoft. Uns gehört nicht der Linux-Code, der ist Eigentum der Community. Wir verkaufen nur Software und Servicedienste, die es CIOs erlauben, den freien Code zu benutzen, den es innerhalb der Open Source gibt. Diese Linux-Ausrichtung wird für uns profitabel sein", erklärte Novell-Chef Jack Messman auf einer Pressekonferenz, als er zu den ungewohnt heftigen Ausfällen gegen Microsoft befragt wurde.

Zu den Softwareentwicklungen, die Novell für Entwickler aller Lager in näherer Zukunft bereitstellen will, gehört Kepler, benannt nach dem deutschen Astronomen. Kepler ist eine modulare Version des Novell-Verzeichnisdienstes, die direkt in Anwendungen integriert werden kann. "Directify your applications" heißt das Schlagwort. Ähnlich wie Simias ist Kepler ein Ausschnitt aus der Netware-Welt, der Entwickler ermutigen soll, sich mit den Angeboten von Novell zu befassen. "Wir sind uns sicher, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden", meinte Howard Tayler, Produktmanager für Messaging-Dienste gegenüber heise online: "Seit der Ankündigung von Groupwise für Linux auf der CeBIT haben wir 5780 Downloads auf unserer Website gezählt. Nach unserer Einschätzung sind das die Entwickler und Pioniere, die den Einsatz von Linux in den Firmen antreiben." Groupwise für Linux soll am 15. April in den Handel kommen. (Detlef Borchers) / (anw)