Branchenverband Bitkom: "Zum Land der Dichter, Denker und Digitalisierer werden"

Unternehmen beklagen Fachkräftemangel, fehlende finanzielle Mittel und Datenschutz als Digitalisierungshemmer. Das geht aus einer Bitkom-Umfrage hervor.

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(Bild: Preechar Bowonkitwanchai / Shutterstock.com)

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Unternehmen in Deutschland befürchten, den Anschluss beim digitalen Wettbewerb zu verlieren (87 Prozent). Sahen vor einem Jahr 53 Prozent der befragten Unternehmen ihre Wettbewerber vorbeiziehen, sind es nach aktuellen Umfrageergebnissen bereits 60 Prozent. Etwa 64 Prozent halten das eigene Unternehmen für einen Nachzügler bei der Digitalisierung. Zudem sorge ChatGPT in drei Viertel der Unternehmen für Diskussionen. Das geht aus einer aktuellen Telefonbefragung des Branchenverbands Bitkom, an der 602 Unternehmen ab 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus allen Branchen, außer der öffentlichen Verwaltung teilnahmen.

Digitalisierung in Unternehmen

(Bild: Bitkom Research)

Die Digitalisierung sei "nicht richtig gut, aber auch nicht richtig schlecht", sagt der neue Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. 76 Prozent der Unternehmen seien sich einig, dass Unternehmen in Deutschland zu wenig digitale Technologien einsetzen. Dass jedoch wenig Unternehmen sich an die Umsetzung der Möglichkeiten in ihren Unternehmen trauen, mag laut Wintergerst aber auch an weiteren Faktoren wie dem Fachkräftemangel, aber auch an fehlenden finanziellen Mitteln und Unsicherheiten beim Datenschutz liegen.

77 Prozent der Unternehmen fühlten sich durch den Datenschutz bei der digitalen Transformation behindert. Im vergangenen Jahr seien es noch 72 Prozent gewesen. Der Bitkom befürchtete daher, dass "weitere Dinge in andere Länder verlagert" werden. Das sei bei bestimmten Forschungsprojekten oder -vorhaben am Beispiel von anderen Ländern, in denen Fachkräfte oder Regelungen zum Thema Datenschutz anders gestaltet werden, bereits erkennbar. Eine Möglichkeit, dem entgegenzusteuern, sei Bildung.

Zwar sprechen 72 Prozent der Unternehmen Künstliche Intelligenz eine "große Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit zu", allerdings komme sie lediglich in 15 Prozent der Unternehmen zum Einsatz und nur ein Prozent der befragten Unternehmen planen, sie innerhalb des nächsten Jahres einzusetzen. Den Konflikt begründet Wintergerst damit, dass "die Meinungen über KI wahnsinnig auseinandergehen". Er sieht in den Ergebnissen, dass die Unternehmen offenbar nicht wissen, wie sie die Digitalisierung angehen sollen. "In der Vergangenheit war Deutschland das Land der Dichter und Denker. In Zukunft muss Deutschland das Land der Dichter, Denker und Digitalisierer sein", fordert Wintergerst.

Bedeutungen der Technologien für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen und ihr Einsatz

(Bild: Bitkom Research)

Während alle Unternehmen sich bei der Einschätzung der Digitalisierung einig scheinen, sieht das bei Anwendungen wie ChatGPT anders aus: Während 54 Prozent meinen, dass sich die Gesellschaft durch KI-Anwendungen wie ChatGPT grundlegend verändern wird, denken 44 Prozent, dass das überhaupt nicht passieren wird. Bei 37 Prozent der befragten Unternehmen führten diese Systeme zu Personalabbau, während das bei 59 Prozent überhaupt nicht zutraf. Ähnlich sah es auch mit neuen Geschäftsmodellen durch derartige Sprachsysteme aus. Während diese bei 26 Prozent zu neuen Geschäftsmodellen führte, war dies bei 59 Prozent nicht der Fall.

Zeitspannen, in denen der Einsatz von KI in Unternehmen angedacht ist

(Bild: Bitkom Research)

Zudem würden zwei Drittel der Befragten sagen, dass KI erst in der weiteren Zukunft in ihrem Unternehmen zum Einsatz kommen wird. In einem Zeitraum von bis zu zehn Jahren sind es 26 Prozent. Bei den restlichen Befragten würde KI erst später zum Einsatz kommen. "Bei einem Technologiewandel, der ja gerade stattfindet" seien diese Aussagen zu hinterfragen, so Wintergerst.

Die Unternehmen erkennen laut Wintergerst das große Potenzial, das von Künstlicher Intelligenz ausgeht, die durch ChatGPT einen Hype erfahren hat. Auch in anderen Bereichen wie dem Finanzbereich passiere viel. Beim Maschinenbau seien die Möglichkeiten bereits da, um etwa die Ausfallrate der Maschinen vorherzusagen. Schwierig sei für Unternehmen, wie sich das Angebot zum Kunden verändere. Gerade bei Unternehmen, die große Daten verarbeiten, müsste man sehen, "wie sie diese Daten bewältigen und Mustererkennung machen". Immer wieder fordern Unternehmen die Umsetzung eines scheren Rechtsrahmens für den Umgang mit generativen Sprachmodellen, um Unsicherheiten beim Datenschutz aus dem Weg zu räumen. Erst kürzlich hatten die Abgeordneten des EU-Parlaments für das kommende KI-Gesetz gestimmt.

(mack)