Breitband-Förderstopp: Bayern fordert mehr Geld von Wissing

Der Digitalminister soll mehr Geld für die Fortsetzung des Förderprogramms locker machen, meint Bayern. Die Branche begrüßt die vorübergehende Entschleunigung.

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(Bild: SHARKstock / Shutterstock.com)

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Von
  • Falk Steiner
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Nachdem das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) die Annahme von Anträgen für das "Graue Flecken"-Förderprogramm überraschend ausgesetzt hat, regt sich Kritik aus den Ländern. Die bayerische Digitalstaatsministerin Judith Gerlach (CSU) fordert von Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP) die Aufhebung des Förderstopps.

In einem Brief an Wissing kritisiert Gerlach, dass seit dem 17. Oktober keine neuen Anträge mehr angenommen werden. Es sei "nicht nachvollziehbar, dass die Gigabit-Förderung für schnelles Internet in diesem Jahr vorzeitig eingestellt wird", heißt es in dem Schreiben, das heise online vorliegt.

"Ein plötzlicher Stopp der Gigabitförderung entzieht den Ausbauplänen vieler Kommunen insbesondere im ländlichen Raum den Boden und sendet ein völlig falsches Signal", schreibt Gerlach und fordert Wissing auf: "Bitte nehmen Sie den Förderstopp zurück und schaffen Sie schnellstmöglich Klarheit für Antragsteller."

Grund für den Förderstopp: Das vom Bund für dieses Jahr vorgesehene Budget in Höhe von 3,1 Milliarden Euro ist ausgeschöpft. Diese Summe war mit den bis Mitte Oktober eingegangenen Anträgen erreicht. Innerhalb einer Woche wurden laut BMDV im Oktober Anträge über insgesamt 450 Millionen Euro eingereicht – womit mehr Mittel aus dem Fördertopf gebunden wären als vorgesehen.

Die bis dahin gestellten Anträge sollen dennoch, wenn sie positiv beschieden werden, mit zusätzlichen Mitteln aus dem Haushalt des Digitalministeriums umgesetzt werden. In der Vergangenheit hatte das Problem eher andersherum bestanden: die Fördermittel des Bundes für den Breitbandausbau wurden in vielen Jahren nicht ausgeschöpft und Restmittel von Jahr zu Jahr weiterübertragen, was zum Aufwuchs der Budgets maßgeblich beitrug.

Mit dem Stopp der Neuanträge verbunden ist eine Überarbeitung der Förderrichtlinien. Ab 2023 soll erneut etwa die gleiche Summe zur Verfügung gestellt werden wie 2022. Die Bundesregierung will mit den Förderrichtlinien dann jedoch eine wesentliche Veränderung herbeiführen: Eine Potenzialanalyse soll zuerst definieren, welche Gebiete eine Förderung am dringendsten benötigen. Berücksichtigt werden soll dabei unter anderem, wo der Ausbau durch die Telekommunikationsnetzbetreiber voraussichtlich stattfinden wird.

Die Potenzialanalyse soll spätestens Anfang 2023 vorliegen und die Ergebnisse auch in Kartenform abbilden. Die Ergebnisse sollen anschließend im neuen Förderverfahren Niederschlag finden. Antragsteller im Graue-Flecken-Programm müssen dann mittels Markterkundungsverfahren (MEV) darlegen, welche Kriterien ihr Antrag erfüllt und dass die Potenzialanalyse dabei berücksichtigt wurde.

Derartige Stellschrauben für eine Priorisierung waren von Telekommunikationsverbänden immer wieder gefordert, von den Bundesländern jedoch abgelehnt worden. Zugleich fällt die sogenannte Aufgreifschwelle künftig weg: Bislang durften nur Gebiete gefördert werden, bei denen die Haushalte nur mit theoretisch weniger als 100 Mbit/s angebunden waren.

Das BMDV will zudem sicherstellen, dass künftig möglichst die Erschließung ganzer Gemeinden gefördert wird. Wann diese neuen Kriterien für neue Förderanträge erarbeitet sind, ist dabei unklar - aller Voraussicht nach dürfte das bis weit in die erste Jahreshälfte 2023 hinein dauern. Bis dahin wissen weder die antragstellenden Kommunen noch andere Verfahrensbeteiligte, auf welche Förderkriterien sie hinarbeiten müssen.

An den konkreten Bautätigkeiten ändert sich in den kommenden Monaten jedoch wenig: Zwischen der Antragstellung und der tatsächlichen Durchführung eines geförderten Gigabitausbaus vergehen in der Regel zwei bis vier Jahre. Branchenvertreter sind auch nicht unglücklich, dass Wissing nicht nachlegen will: Mehr Geld würde die ohnehin knappen und weitgehend verplanten Bau- und Planungskapazitäten zusätzlich belasten.

(vbr)