Britische Aufsicht: Migranten-Überwachung mit E-Fußfesseln ist rechtswidrig
Die britische Datenschutzbehörde moniert, dass das Innenministerium bei einem Projekt zum GPS-Tracking unautorisierter Einwanderer deren Privatsphäre verletzt.
Das britische Innenministerium hat mit seinem Pilotprojekt zur Überwachung von Migranten mit einer elektronischen Fußfessel und dem damit ermöglichten Verfolgen von Standortdaten per GPS gegen Grundrechte der Betroffenen verstoßen. Zu diesem Schluss ist der britische Datenschutzbeauftragte John Edwards nach einer Untersuchung des Falls gekommen. Ihm zufolge hat das Innenressort den tiefen Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen durch die kontinuierliche Erfassung von Ortsinformationen nicht ausreichend berücksichtigt. Die Regierungsbehörde habe es zudem versäumt, die potenziellen Auswirkungen auf Menschen abzuschätzen, die aufgrund ihres Einwanderungsstatus möglicherweise bereits in einer gefährdeten Lage seien und nicht fließend Englisch sprächen.
Das Innenministerium hat die Betroffenen laut der Entscheidung Edwards nicht klar und offen darüber informiert, welche personenbezogenen Daten erfasst, wie sie verwendet, wie lange sie aufbewahrt und an wen sie weitergegeben werden. Der Test sei zwar im Dezember beendet worden. Behörden könnten die gesammelten Daten bis zu ihrer Löschung oder Anonymisierung aber weiter nutzen. Die Datenschutzbehörde, das Information Commissioner’s Office (ICO), hat das Ministerium daher angewiesen, seine einschlägigen internen Richtlinien für einen Zugriff sowie zur Privatsphäre der Betroffenen zu aktualisieren. Ferner gab sie eine formelle Warnung heraus, dass jede künftige Verarbeitung durch das Innenministerium auf der alten Grundlage "einen Verstoß gegen das Datenschutzrecht darstellt und Durchsetzungsmaßnahmen nach sich ziehen wird".
Keine Angaben zu Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit
Das ICO verhandelte nach einer Beschwerde von Privacy International seit August 2022 mit dem Ressort über die Initiative, in deren Rahmen an bis zu 600 Migranten Fußfesseln mit GPS-Tracking angebracht wurden. Die unautorisiert Eingewanderten befanden sich während ihres Asylbewerberverfahrens auf Kaution. Mit dem Projekt wollte das Ministerium ausloten, ob die elektronische Überwachung es ermöglicht, regelmäßigen Kontakt mit den Betroffenen zu halten und das Fluchtrisiko zu verringern. Zugleich ging es der Regierung darum, herauszufinden, ob dieses Verfahren eine wirksame Alternative zur Inhaftierung darstellt. Dem ICO zufolge war das Ressort aber während der ganzen Untersuchung nicht fähig zu erklären, warum die Maßnahme "notwendig oder verhältnismäßig war". Es habe auch nicht nachgewiesen, "dass es weniger einschneidende Methoden in Betracht gezogen hatte".
"Die Einsicht in die Bewegungen einer Person rund um die Uhr ist ein starker Eingriff, da dadurch wahrscheinlich viele Informationen über sie preisgegeben werden", begründet Edwards seinen Beschluss. Daraus ließen sich potenziell sensible Angaben etwa über Religion, Sexualität oder den Gesundheitszustand ableiten. Mangelnde Erläuterungen zum Umgang mit diesen Daten könnten auch unbeabsichtigt die Bewegungsfreiheit und das Recht der Betroffenen beeinträchtigen, an alltäglichen Aktivitäten teilzunehmen. "Wir erkennen die entscheidende Arbeit des Innenministeriums für die Sicherheit des Vereinigten Königreichs an", hob der Kontrolleur hervor. Dieses dürfe den gleichen Ansatz aber nicht noch einmal fahren. Grundrechte müssten auch unter widrigen Umständen aufrechterhalten werden.
(nie)