Britische Musikindustrie und ISPs wollen dem Regulierer zuvorkommen

Vertreter der britischen Musikbranche und des britischen Providerverbands ISPA fühlen sich nach Hinweisen auf eine gesetzliche Regelung zum raschen Handeln bei einer Lizenz für Musikdownloads gedrängt.

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  • Monika Ermert

Vertreter der britischen Musikbranche und des britischen Providerverbands ISPA fühlen sich nach Hinweisen auf eine gesetzliche Regelung zum raschen Handeln bei einer Lizenz für Musikdownloads gedrängt. Bei der Midemnet, dem Technologieforum der Musikmesse Midem, sagte der Generalsekretar der britischen Internet Service Provider Association (ISPA), Nicholas Lansman, sein Verband habe der Musikwirtschaft ein Treffen mit großen und kleinen Providern vorgeschlagen, um eine Lösung zu finden. Die britische Regierung hatte nach jüngsten Berichten in der Financial Times angekündigt, dem Dauerstreit um eine einfache Lizensierung von Musikdownloads durch eine gesetzliche Regelung ein Ende zu machen.

Feargal Sharkey, CEO UK Music, einem neuen Dachverband für Musikstudios, -verleger und Verwertungsgesellschaften, sagte, das erste Memorandum of Understanding zwischen Providern und Musikwirtschaft sei erst der Anfang der Zusammenarbeit. In diesem MoU hatten sich die Provider auf Druck der Regierung bereit erklärt, die Musikwirtschaft darin zu unterstützen, illegales Filesharing zu bekämpfen, indem sie Warnbriefe an identifizierte Kunden verschickten. Von einem Three-Strike-Ansatz will man aber im Königreich nichts wissen. Die französische Lösung, die im März noch von der Assemble Nationale verabschiedet werden muss, werde von der Europäischen Union übrigens abgelehnt, warnte Lansman.

Gegenüber heise-online sagte Lansman, Warnungen an die Kunden ohne andererseits eine legale Alternative machen zu können, seien sehr unbefriedigend. Gleichzeitig hänge eine mögliche Übereinkunft zwischen Musikindustrie und Providern davon ab, welche Lizenzgebühren gefordert würden. "In die Infrastruktur zu investieren und dann gleichzeitig noch riesige Summen für die Lizenzen bezahlen, das wird nicht funktionieren." Die schwierigen, schier unmöglichen Verhandlungen um Lizenzen mit den verschiedenen Rechteinhabern – Labels, Musikverleger und Verwertungsgesellschaften – seien das größte Hindernis für legale Online-Musikangebote.

Für die schwedische Verwertungsgesellschaft STIM kündigte Kenth Muldin eine umfassende Marktstudie für Februar an, auf deren Basis Vorschläge für eine Kooperation mit den ISPs gemacht werden sollen. "Pirate Bay ist dabei kein Thema," sagte Muldin, "denn es ist nicht an einer Lizenz interessiert." Gegen Pirate Bay gelte es daher zu klagen, während andererseits Lizenzverhandlungen mit ISPs geführt würden. STIM testet gleichzeitig auch Systeme, die eine Verteilung per ISP eingenommener Lizenzbeträge an die Musiker zulässt.

Die Lizenzbeträge müssen nicht groß sein, mahnte Futurist Gerd Leonhard, der seit Jahren auf der Midem die Idee "Kompensation statt Kontrolle" predigt. Leonhard schlägt einen Euro pro Woche pro Downloadkunde vor. Über eine solche neue Pauschallizenz ließen sich in Europa 500 Millionen Euro pro Woche und 26 Milliarden Euro im Jahr erwirtschaften. Statt auf eine Kulturflatrate solle man dabei auf Deals mit Providern und Plattformen wie etwa Google setzen. Über Google China könnten so etwa die Werke von 30.000 chinesischen Musikern legal geladen werden; Google hat hierfür eine Lizenzgebühr aus seinen Werbeeinnahmen bezahlt. Leonhard ist trotz der fetten Summe mit Blick auf hartgesottene Lobbyisten aus der Musikindustrie skeptisch. Viele wollten das Geschäft erhalten, wie es jetzt ist, fürchtet er.

Man müsse aber wahrlich kein Futurist sein, um zu sehen, dass es nicht funktionieren werde, die Leute zu einer Art von Musikkonsum zu zwingen, wie ihn die Musikindustrie gerne hätte. Das aktuelle Tauschen von Musik sei ohnehin erst die Spitze des Eisbergs. Der japanische Musikmanager. Y.J. Park berichtete, dass im Breitbandspitzenland Korea 90 Prozent der CD-Verkäufe weggebrochen seien. Der Computer sei das "einzige Leben" der unter schulischem Leistungsdruck stehenden Jugendlichen. Darauf habe man sich in der Musikbranche, auch in anderen Ländern, einzustellen. (uk)